Ausgabe April 1994

Gigantomanie auf Stelzen

Zur Kritik der Magnetbahntechnologie

Er habe, so der vormalige Forschungsminister Riesenhuber auf einer Pressekonferenz im Januar 1992 einmal, unter der Magnetbahn im Emsland "glückliche Kühe weiden" sehen. Als die Journalistenschar dies mit wieherndem Gelächter quittierte, wiederholte der Mann seine sensible Beobachtung. Er präsentierte dabei dem Publikum ein entrücktes Lächeln und abgedrehte Äuglein, wie diese bei einem Vater zu beobachten sind, der seinem Sohn - aber eigentlich sich selbst - eine Modelleisenbahn schenkt und eben die Jungfernfahrt absolviert hat einmal durch den Tunnel, dreimal um das Legodorf. Mit ähnlichem Gestus erklärten Kanzler Kohl, Wissenschaftsminister Krüger und Verkehrsminister Wissmann Anfang März 1994, der Gesellschaft endgültig ihr Spielzeug Transrapid zukommen und eine Modellstrecke durch norddeutsche Lande errichten lassen zu wollen.

Damit kein Zweifel an der ernsten Absicht entstünde, beschloß das Kabinett den Entwurf eines "Magnetbahngesetzes". Es gibt da nur zwei Unterschiede: 1. Wenn der Vater dem Sohne die Bahn schenkt so pflegt er sie aus eigener Tasche zu bezahlen. Kohl, Krüger und Wissmann jedoch wollen die Beschenkten zahlen lassen und versichern treuherzig, die Kosten lohnten, weil derart der Standort Deutschland gesichert, selbiger nunmehr Kapital gewissermaßen magnetisch anziehen würde. 2.

April 1994

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Aliens unter uns?

von Ferdinand Muggenthaler

Es war ein dramatischer Appell an den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Donald Trump, der Ende März in der „New York Times“ erschien. Es ging dabei jedoch nicht um die Klimakrise oder eine Friedenslösung für die Ukraine. Stattdessen forderte der Kommentator Thomas L. Friedman die beiden mächtigen Männer auf, die Künstliche Intelligenz einzuhegen.

Zuckerbergs Kniefall: Meta ist jetzt MAGA

von Johannes Kuhn

Als Donald Trump am 20. Januar zum zweiten Mal den Amtseid ablegte, bot sich ein surreales Tableau: Hinter der Familie des Präsidenten standen Mark Zuckerberg, Elon Musk, Jeff Bezos und Sundar Pichai – die mächtigsten Tech-Tycoons der Welt, vereint im Schatten eines Mannes, der einst als politischer Paria galt.

Prepper mit Milliarden: Das Mindset der Tech-Elite

von Douglas Rushkoff

Eines Tages erhielt ich eine Einladung in ein Superluxusresort, um dort eine Rede zu halten. Nie zuvor war mir ein derart hohes Honorar für einen Vortrag angeboten worden – es entsprach etwa einem Drittel meines Jahresgehalts als Professor an einer staatlichen Hochschule. Und das für ein paar Überlegungen zur „Zukunft der Technologie“.