Sehr geehrter Herr Präsident,
ich habe die Ehre, Bezug nehmen zu dürfen auf die aktuellen Bemühungen Frankreichs, Deutschlands, der Russischen Föderation, des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika, die als "Kontaktgruppe" zusammenarbeiten, um die Zustimmung der Parteien in Bosnien-Herzegowina zu ihren Vorschlägen einer umfassenden Lösung des Konflikts in dieser Republik zu erlangen. Ich bin überzeugt, daß die kürzliche Übermittlung der Vorschläge der Kontaktgruppe an die Parteien einen Wendepunkt in den seit mehr als drei Jahren anhaltenden Bemühungen der internationalen Gemeinschaft markiert, die verschiedenen im ehemaligen Jugoslawien ausgebrochenen Konflikte kontrollieren und lösen zu helfen. Die Annahme der Vorschläge der Kontaktgruppe durch die Parteien hätte für die dortigen Bemühungen der Vereinten Nationen weitreichende Implikationen. Ebenso verhielte es sich bei einer Ablehnung der Vorschläge. Der Zweck dieses Schreibens ist es, Sie und über Sie die Mitglieder des Sicherheitsrates über die Empfehlungen zu informieren, die ich in dem einen wie dem anderen Fall unterbreiten würde.
2. Die Herausbildung der Kontaktgruppe
Die Herausbildung der Kontaktgruppe als wichtigstem Vermittler in Bosnien-Herzegowina ist meines Erachtens ein Ereignis von beachtlicher Bedeutung. Diese Kombination von fünf Großmächten, die mit den jeweils vom Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem amtierenden Präsidenten der Europäischen Union ernannten beiden Vorsitzenden der Internationalen Konferenz über das ehemalige Jugoslawien (ICFY) zusammenarbeiten, hat eine Gruppe mit ungewöhnlich großem politischen Gewicht hervorgebracht. Ihre Mitglieder verfügen zudem über personelle und materielle Ressourcen in einem Umfang, dem die Vereinten Nationen nicht im entferntesten gleichkommen können. Diese Gruppe ist deswegen besonders geeignet, den Parteien in Bosnien-Herzegowina behilflich zu sein, sowohl eine Übereinkunft über eine verhandelte Beilegung ihres Konfliktes zu erzielen als auch die Umsetzung dessen, was durch ihre Vermittlung ausgehandelt worden ist, sicherzustellen.
3. Falls die Parteien die Vorschläge der Kontaktgruppe annehmen...
Man wird sich daran erinnern, daß ich im September 1993 ein "NonPaper" erstellt habe, das prüfte, wie die internationale Gemeinschaft die Umsetzung des damals zwischen den Parteien diskutierten Entwurfs einer Friedensvereinbarung für Bosnien-Herzegowina am besten unterstützen könne. Ausfertigungen des "Non-Papers" wurden den Außenministern der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates bei meinem jährlichen Treffen mit ihnen am 30. September 1993 ausgehändigt. Am darauffolgenden Tag wurde es auch den anderen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den Ländern, die Truppen für UNPROFOR *) stellen, zugänglich gemacht. Das "Non-Paper" konstatierte, daß nach Schätzung von UNPROFOR und NATO für die militärische Seite der Umsetzung eine Streitmacht von ungefähr 60 000 Mann aller Dienstgrade benötigt würde und daß aufgrund der chronischen Nicht-Zusammenarbeit der Parteien mit den Vereinten Nationen und der (damaligen) Europäischen Gemeinschaft bei früheren Bemühungen die Streitmacht entsprechend Kapitel VII der Charta" **) operieren müßte.
Weiterhin wurde geschätzt, daß mindestens 2900 Polizeibeamte sowie mehrere hundert internationale Fachleute benötigt würden. Die Kosten der Operation würden sich voraussichtlich zwischen 4 und 5 Mrd. US-Dollar pro Jahr bewegen. Das "Non-Paper" erläuterte ferner die Schwierigkeiten, denen die Organisation unlängst bei der Beschaffung von militärischem, polizeilichem und zivilem Personal für ihre friedenssichernden Operationen begegnet war, die Kapazitätsgrenzen des Generalsekretariats bei Operationen der Größenordnung, wie sie gegenwärtig durchgeführt werden, und das Versäumnis von Mitgliedstaaten ihre zugesagten Beiträge für die Friedenssicherung pünktlich zu zahlen. Vor diesem Hintergrund präsentierte das "Non-Paper" dem Sicherheitsrat drei grundsätzliche Möglichkeiten, eine Operation zur Durchsetzung der Friedensvereinbarung zu organisieren. Die erste Möglichkeit wäre eine normale Feldoperation der Vereinten Nationen. Die zweite wäre, der NATO die militärischen und der Vereinten Nation die polizeilichen und zivilen Aufgaben zu überlassen. Die dritte bestünde darin, daß der Sicherheitsrat interessierte Mitgliedstaaten und regionale Organisationen autorisieren würde, eine gemeinsame Ad-hoc-Sondereinheit zu bilden. Das "Non-Paper" schlußfolgerte, daß die erste Option nicht realisierbar sei, weil das benötigte Personal und die erforderlichen Geldmittel nicht verfügbar seien und die Organisation nicht die Kapazität besitze, um eine Operation im vorgesehenen Umfang zu befehligen, zu kontrollieren und durchzuführen. Die aktuellen Vorschläge der Kontaktgruppe unterscheiden sich in einigen Aspekten von dem im September 1993 diskutierten Entwurf der Friedensvereinbarung.
Aber die Erwägungen, die zu dem Schluß führten, daß die erste Option nicht haltbar sei, haben in den letzten zehn Monaten noch zusätzliches Gewicht erlangt. Es ist zunehmend schwieriger geworden, Mitgliedstaaten zu finden, die bereit und in der Lage sind, angemessen ausgerüstete Truppen für die friedenssichernden Operationen der Organisation zu stellen, wie dies in Ruanda und eben in Bosnien-Herzegowina selbst nur zu offensichtlich geworden ist. Das gleiche gilt für polizeiliches und internationales ziviles Personal. Das Problem wird noch vergrößert durch die Tatsache, daß, selbst wenn die Operation mit dem Einverständnis der Parteien durchgeführt würde, sie trotzdem aus bereits genannten Gründen entsprechend Kapitel VII der Charta erfolgen müßte. Es ist außerdem von Bedeutung, daß die Vereinigten Staaten, deren Teilnahme an der Operation wegen des notwendigen politischen Gewichts und der militärischen Stärke unentbehrlich wäre, deutlich gemacht haben, daß sie nicht gewillt sind, ihre Truppen unter UN-Kommando zu stellen.
Obwohl gewisse Fortschritte bei der Verbesserung der Kapazitäten der Organisation zur Durchführung von friedenssichernden Operationen erzielt wurden, ist das Sekretariat noch nicht an dem Punkt angelangt, wo es in der Lage wäre, eine Operation der vorgesehenen Größenordnung (zwei- bis dreimal größer als das derzeitige UNPROFOR-Unternehmen in Bosnien-Herzegowina) zu planen, einzuleiten, auszuführen, auszustatten und Kommando und Kontrolle effektiv auszuüben. Was die Finanzierung betrifft, so ist der Schuldenstand auf den Konten der Friedenssicherung fast 30% höher als im September letzten Jahres. Das macht es noch schwerer zu glauben, daß Leistungen von Mitgliedstaaten ausreichende Ressourcen schaffen könnten, um die ins Auge gefaßte Operation zu finanzieren. Dementsprechend werde ich in meiner Ansicht bestärkt, daß das "Non-Paper" mit seiner Schlußfolgerung richtig liegt, daß eine normale Operation der Vereinten Nationen keine realisierbare Option wäre, um die notwendige internationale Unterstützung zur Durchsetzung einer Friedensregelung zu gewährleisten. Was die zweite Option anbelangt (die darin bestand, daß der Sicherheitsrat die NATO bitten würde, die militärischen Aufgaben zu übernehmen, während die Vereinten Nationen sich um polizeiliche und andere zivile Aufgaben kümmern), so hat das "Non-Paper" Fragen aufgeworfen, die beantwortet werden müßten, um dieses Konzept praktikabel zu machen.
Seither sind bei weiteren Fallplanungen zwischen UNPROFOR und NATO eine Anzahl von Schwierigkeiten in Erscheinung getreten, die meiner Ansicht nach deutlich gegen dieses Konzept sprechen. Diese umfassen in besonderem Maße die Fragen, wie und bis zu welchem Grad die Vereinten Nationen Kontrolle über die eingesetzten Streitkräfte ausüben könnten und wie eine angemessene Koordination zwischen den militärischen Elementen unter NATO-Kommando und den polizeilichen und zivilen Elementen unter UN-Kommando erzielt werden könnte. Was den letzten Punkt betrifft, so haben wir in den vergangenen Monaten aufgrund der Koordination des Einsatzes der NATO-Luftstreitkräfte zur Unterstützung von UNPROFOR einige wertvolle Lektionen gelernt. Ich schätze die Bereitstellung einer solchen Unterstützung durch die NATO sehr.
Aber es hat sich gezeigt, wie komplex und politisch sensibel solch eine Koordination selbst bei sehr viel kleineren Aktionen sein kann als jenes Unternehmen, das von einer bis zu 60 000 Mann starken, entsprechend Kapitel VII der Charta agierenden NATO-Streitmacht ausgeführt und in einem Umfeld stattfinden würde, in dem polizeiliches und ziviles Personal der Vereinten Nationen im Umfang von mehreren tausend Menschen in kleinen und somit durch Vergeltungsschläge verwundbaren Gruppen stationiert wäre. Es muß ferner erwähnt werden, daß die Russische Föderation bei mehreren Gelegenheiten mir gegenüber Vorbehalte gegen die Teilnahme der NATO an der Umsetzung der Verhandlungslösung in Bosnien-Herzegowina geäußert hat, sofern die NATO-Kräfte nicht unter dem Kommando und der Kontrolle des Sicherheitsrates stünden, ausgeübt durch den Generalsekretär über seinen Sonderbeauftragten, Die dritte im "Non-Paper" diskutierte Option bestand für den Sicherheitsrat darin, interessierte Mitgliedstaaten und regionale Organisationen zu autorisieren, eine gemeinsame Ad-hoc-Sonderstreitmacht zu bilden, die alle zur Unterstützung der Umsetzung der Friedensvereinbarung erforderlichen militärischen, polizeilichen und zivilen Funktionen übernähme. Es bleibt meine Meinung, daß diese Option die am besten, vielleicht die einzig zu realisierende ist.
Diese Ansicht wird bekräftigt durch die Herausbildung der Kontaktgruppe als dem Hauptvermittler in einem politischen Prozeß, in dem die Vereinten Nationen und die Internationale Konferenz über das ehemalige Jugoslawien (ICFY) eine wesentlich geringere Rolle spielen, als das zuvor der Fall war. Daraus ergibt sich für die Länder der Kontaktgruppe logischerweise, mit allem politischen Gewicht und den momentan bereitstellbaren menschlichen und materiellen Ressourcen die Verantwortung für die Umsetzung dessen zu übernehmen, was sie vereinbart haben. Wegen der engen Wechselbeziehung zwischen den Konflikten in Bosnien-Herzegowina und in Kroatien und zwischen diesen Konflikten und den potentiellen Problemgebieten in Serbien und der Früheren Jugoslawischen Republik Mazedonien (FYROM) müßte die Gruppe der Mitgliedstaaten, die die Verantwortung für die Umsetzung der Regelung in Bosnien-Herzegowina übernommen hat, vom Sicherheitsrat mit den Mandaten betraut werden, die gegenwärtig die UNPROFOR in Kroatien und in der Früheren Jugoslawischen Republik Mazedonien ausübt. Mit der Aufstellung der Sonderstreitmacht würde UNPROFOR nach einer angemessenen Übergabezeit beendet. Das Mandat der Sonderstreitmacht würde also all die Aufgaben umfassen, die nötig wären zur Umsetzung sowohl der Vorschläge der Kontaktgruppe als auch der für das Mandat von UNPROFOR maßgebenden Resolutionen des Sicherheitsrates.
Der Übergang von UNPROFOR zur Sonderstreitmacht bedarf der sorgfältigen Planung und Ausführung. Ich wäre bereit, zusammen mit der Kontaktgruppe Regierungen dazu zu ermutigen, der Sondersteitmacht Truppen zur Verfügung zu stellen, sowohl Regierungen, die sich bereits an UNPROFOR beteiligen, als auch solche, die zur Zeit keine Einheiten in dieser Streitmacht stellen. Für den Fall, daß die Parteien die Vorschläge der Kontaktgruppe akzeptierten, hätte ich entsprechend die Absicht, dem Sicherheitsrat die Empfehlung zu geben, die Mitglieder der Kontaktgruppe, in angemessener Weise mit den regionalen Organisationen und Einrichtungen zusammenarbeitend, zu ermächtigen, eine Internationale Sonderstreitmacht (ITF / International Task Force) zur Umsetzung der Verhandlungslösung in Bosnien-Herzegowina zu bilden und alle Verantwortlichkeiten, die momentan noch UNPROFOR übertragen sind, zu übernehmen. Die Länder, die an der ITF beteiligt sind, würden untereinander finanzielle, logistische und verwaltungstechnische Vereinbarungen treffen. Die Einrichtung eines Trustfonds der Vereinten Nationen für Mitgliedstaaten, die die ITF finanziell unterstützen möchten, wäre eine Möglichkeit. Dem Sicherheitsrat wäre daran gelegen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, daß er über die Operationen, die von der ITF in seinem Auftrag ausgeführt werden, in angemessener Weise unterrichtet wird.
4. Falls die Parteien die Vorschläge der Kontaktgruppe nicht annehmen...
Ich nehme zur Kenntnis, daß die Kontaktgruppe über zusätzliche Maßnahmen ("Abschreckungsmittel" ("disincentives")), zum Teil auch Durchsetzungsaktionen beraten hat, um deren Genehmigung ich den Sicherheitsrat bitten würde, falls die Parteien das Angebot nicht akzeptieren sollten. Solche Maßnahmen hätten ernste Konsequenzen für die Durchführung der aktuellen UNPROFOR-Operationen in Bosnien-Herzegowina und natürlich in Kroatien, falls die vom Sicherheitsrat genehmigten Aktionen der Kontaktgruppe eine der Parteien veranlassen würden, UNPROFOR als ihren Interessen und Kriegszielen gegenüber feindlich anzusehen. Die Truppe ist in ganz Bosnien-Herzegowina verteilt. Ihr Mandat verbindet die Friedenssicherung und den Schutz humanitärer Aktionen. Sie ist auf eine Vielzahl weit verstreuter Stellungen verteilt, und das macht sie gegenüber feindlichen Handlungen der zahlenmäßig überlegenen und häufig besser ausgerüsteten Kampftruppen der Parteien verwundbar. Die Fähigkeit, ihr Mandat zu erfüllen, hängt vom täglichen Kontakt zu allen Parteien und deren Bereitschaft zur Kooperation ab. Zu ihrem Bereitschaftspersonal gehören auch unbewaffnete Zivilisten (Mitarbeiter für Verwaltungs-, Polizei- und Zivilangelegenheiten) und unbewaffnete Militärbeobachter, die in kleinen Gruppen über das Einsatzgebiet verstreut sind. Ihre Basislager und Versorgungswege können leicht - und werden es auch regelmäßig - unterbrochen oder angegriffen werden.
Kurzum, UNPROFOR ist in die Wege geleitet, um mit den Parteien auf offene und unparteiliche Art und Weise zusammenzuarbeiten. UNPROFOR ist keine Kampftruppe und weder ausgerüstet noch entsandt, um gegen irgendeine der Parteien offensive Aktionen zu unternehmen. Ich nehme zur Kenntnis, daß die vorgeschlagenen Abschreckungsmaßnahmen die militärische Durchsetzung einschließen können. Dazu gehören auch die Kontrolle der Grenzen ohne die Zustimmung der betroffenen Parteien oder die Durchsetzung von erweiterten oder zusätzlichen Schutzzonen aus dem Luftraum. Solche Aktionen würden vorsätzlich die grundlegenden militärischen Interessen einer der Parteien verletzen und deshalb wahrscheinlich auf militärischen Widerstand treffen. Unter solchen Umständen ist es sehr zweifelhaft, ob UNPROFOR in den betroffenen oder in anderen von der jeweiligen Partei kontrollierten Gebieten, gegen die die Abschreckungsmaßnahmen gerichtet waren, verbleiben könnte. Aus den bereits genannten Gründen wäre UNPROFOR nicht in der Lage, solche Durchsetzungsmaßnahmen selbst auszuführen, und nur ungenügend vorbereitet, sich gegen eine feindliche Reaktion der betreffenden Partei zu verteidigen. Man darf nicht vergessen, daß die Durchsetzung ausschließlich durch Luftangriffe UNPROFOR-Personal am Boden zur Beobachtung, zur Terrainsicherung und zur Zielbestimmung erfordern würde, was bedeutet, daß das Personal mit den Angriffszielen vermischt und deswegen für Vergeltungsschläge höchst anfällig wäre.
Der Einsatz von UNPROFOR würde zudem unhaltbar, wenn die Abschreckungsmaßnahmen die Aufhebung des Waffenembargos für die eine Partei, aber seine Beibehaltung für die andere einschlössen. Das würde von der zweiten Partei unvermeidlich als eine feindliche Aktion der Vereinten Nationen angesehen werden, und das Feuer, das UNPROFOR gerade löschen sollte, anfachen. Ausgehend von diesen Überlegungen und um sicherzustellen, daß die Präsenz von UNPROFOR die Abschreckungsmittel nicht behindert, falls die internationale Gemeinschaft sich entschlösse, sie einzusetzen, hätte ich keine Alternative, als den Abzug von UNPROFOR zu empfehlen. Die Art und Weise des Rückzugs einschließlich seines zeitlichen Ablaufs im Verhältnis zur Einführung von Abschreckungsmaßnahmen müßte sorgfältig geprüft werden, bevor der Sicherheitsrat Entscheidungen trifft. Der Rückzug von UNPROFOR hätte außerdem Auswirkungen auf die Fähigkeit der Vereinten Nationen und anderer, in den betroffenen Gebieten humanitäre Maßnahmen aufrechtzuerhalten.
5. Die Fortsetzung des UN-Engagements im ehemaligen Jugoslawien
Die vorangehenden Abschnitte dieses Briefes enthalten die Empfehlungen, die ich dem Sicherheitsrat geben werde, wenn das Ergebnis der gegenwärtigen Phase der Bemühungen der Kontaktgruppe bekannt ist. Ich möchte betonen, daß sie sich ausschließlich auf die militärischen und politischen Aspekte der derzeitigen Operationen der Vereinten Nationen im ehemaligen Jugoslawien beziehen. Sie geben meine Überzeugung wieder, daß drei Notwendigkeiten respektiert werden müssen: die Notwendigkeit eines einheitlichen Oberbefehls; die Notwendigkeit, einer Mission, die einen friedenserhaltenden Auftrag hat, der Unparteilichkeit und die Kooperation der Parteien erfordert, nicht gleichzeitig Durchsetzungsmaßnahmen aufzuerlegen; und die Notwendigkeit, von der Organisation keine Aktionen zu verlangen, für die sie keine Kapazitäten besitzt.
Aber das soll nicht heißen, daß sich die Vereinten Nationen gänzlich aus den Konflikten im ehemaligen Jugoslawien zurückziehen sollten. Ich bin gleichermaßen überzeugt, daß es Aktionen gibt, die die Organisation in diesem Gebiet auch weiterhin durchführen sollte. Sie sollte weiterhin die in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Akteuren und Nichtregierungsorganisationen humanitäre Hilfe zur Verfügung stellen. Die Hilfeleistung bei der Rückkehr von Flüchtlingen nach dem Abschluß eines Friedensabkommens wird in diesem Kontext besonders wichtig sein. Sie sollte weiterhin alles daran setzen, den Schuldigen für Kriegsverbrechen vor dem "Internationalen Tribunal für die Verfolgung der für die schwere Verletzung des Humanitären Völkerrechts Verantwortlichen auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien seit 1991" den Prozeß zu machen. Die Organisation sollte ebenfalls uneingeschränkt an den internationalen Anstrengungen mitwirken, die in den Konflikt verwickelten Mitgliedstaaten und ihre durch den Konflikt betroffenen Nachbarn beim wirtschaftlichen Wiederaufbau und der gesellschaftlichen Wiedereingliederung zu unterstützen. Die Ernennung eines Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für Sarajewo ist ein Beispiel für die Art von Beitrag, den die Organisation in diesem Kontext leisten kann.
Ich sage Ihnen meine anhaltende Unterstützung für einen bedeutenden Beitrag der Vereinten Nationen in all diesen Bereichen zu. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dieses Schreiben den Mitgliedern des Sicherheitsrates zur Kenntnis brächten.
Herr Präsident, seien Sie meiner äußersten Hochachtung versichert.
*) United Nations Protection Force. D. Red.
**) "Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlung", Die Charta der Vereinten Nationen ist im Wortlaut dokumentiert in: "Blätter", 10/1973, S. 1119 ff. D. Red.