Zum zweitenmal innerhalb eines Jahres wurde auf dem grünen Rasen des Weißen Hauses in Washington Geschichte gemacht. Am 25. Juli 1994 beendeten Israels Ministerpräsident Yitzhak Rabin und Jordaniens König Hussein in einer feierlichen Zeremonie den seit 1948 andauernden Kriegszustand zwischen den beiden Staaten. Die von beiden unterzeichnete "Washingtoner Erklärung" (im Wortlaut dokumentiert im vorliegenden Heft, S. 1149 ff.) sieht vor, daß Israel und Jordanien in Zukunft in den Bereichen Wirtschaft, Tourismus und Verkehr zusammenarbeiten werden. Viele Pläne dazu sind schon ausgearbeitet. Sie könnten nach der Unterzeichnung eines formalen Friedensvertrages unmittelbar umgesetzt werden. Die USA haben sich als einer der Schirmherren des NahostFriedensprozesses den Namenszug Husseins unter der "Washingtoner Erklärung" einiges kosten lassen: Präsident Clinton versprach, daß Jordaniens Schulden von 700 Mio. US-Dollar getilgt würden. Bereits am 13. September 1993 war das Weiße Haus Schauplatz einer anderen historischen Begegnung gewesen. Yitzhak Rabin und PLOChef Jassir Arafat hatten sich an diesem Tag die Hände zum Frieden gereicht. Auch setzten Israels Außenminister Shimon Peres und Mahmoud Abbas von der PLO ihre Unterschrift unter die gemeinsame "Prinzipienerklärung über vorläufige Selbstverwaltung" 1).
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.