"Die nukleare Abschreckung bin ich." Frankreichs neugewählter Präsident Jacques Chirac will sich nicht auf diese selbstbewußte Devise seines Vorgängers Mitterrand verlassen, der 1992 die Kernwaffenversuche seines Landes stoppte. Am 13. Juni 1995, fünfzig Jahre nach dem amerikanischen Atombombenabwurf auf Hiroshima und fast auf den Tag genau zehn Jahre nach dem Attentat des französischen Geheimdienstes auf das Greenpeace-Schiff "Rainbow Warrior", kündigte er die Wiederaufnahme der Atomtests auf dem Mururoa-Atoll im Südpazifik an: Ein großes Land wie Frankreich dürfe sich nicht aus dem exklusiven Club der Nuklearmächte ausschließen, sondern müsse seine Sicherheit selbst garantieren können. Acht Nuklearversuche, von denen jeder einige hundert Millionen Francs verschlingen wird, sollen zwischen September 1995 und Mai 1996 stattfinden. Die Verknüpfung von Großmachtstatus und nationaler Sicherheit ist nichts Neues.
Die Nuklearmacht Frankreich, von innenpolitischen Krisen und Schwächen schwer angeschlagen, pocht auf ihren internationalen Rang und beschwört die atomare Abschreckung. Die hohe Arbeitslosenquote, die schlechte Lage der Wirtschaft, die Erfolge des rechtsextremen Front National, Ausländerprobleme, vor allem in den menschenfeindlichen Vorstädten, bedingen soziale Konflikte von großer Härte.