Ausgabe Dezember 1995

Weder weltmarktfähig noch marode

Der Zustand der DDR-Wirtschaft vor dem Sturz

Über den Absturz der DDR-Wirtschaft dürfte noch lange gestritten werden. Schließlich handelt es sich um einen einzigartigen Vorgang, der äußerst widersprüchlich beurteilt wird. Zum bloß historischen Thema wird dieser Absturz allein schon deshalb so schnell nicht werden, weil die wirtschaftliche Revitalisierung einen längeren Zeitraum beanspruchen und die Folgen des Zusammenbruchs noch lange nachwirken werden. Die höheren wirtschaftlichen Zuwachsraten seit 1993 können nicht verdecken, daß die ostdeutsche Industrieproduktion 1994 erst 39% derjenigen des Jahres 1989 ausmachte. Auf dem Tiefpunkt der Deindustrialisierung - 1992 waren es 31%. Einen solchen Absturz hat es nicht einmal nach den Weltkriegen gegeben: 1919 betrug die industrielle Produktion Deutschlands gegenüber dem letzten Vorkriegsjahr (1913) 57%; 1946 betrug sie in Ostdeutschland 42% gegenüber dem letzten Vorkriegsjahr (1938). Die tiefste Wirtschaftskrise, die Deutschland bis dahin erlebt hatte, führte zwischen 1928 und 1932 zu einem Rückgang der Industrieproduktion auf 59%.

Nur eine der folgenden Konditionen allein hätte genügt, in Ostdeutschland einen derart tiefen Absturz zu verhindern:

1. Wenn die DDR-Wirtschaft einem offenen Weltmarktwettbewerb gewachsen gewesen wäre;

2.

Dezember 1995

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