Von Dirk Messner Die entwicklungspolitische Theorie und Praxis der 60er und 70er Jahre vertraute auf die Leistungsfähigkeit des "Entwicklungsstaates". In den Entwicklungsländern schien das Projekt der aufholenden Entwicklung nur auf der Grundlage einer gebündelten, staatlich geplanten Anstrengung möglich zu sein, angesichts unterentwickelter Märkte, kaum vorhandener Unternehmerschichten und des großen Entwicklungsvorsprunges der Industrieländer. In vielen Ländern jedoch konnten Eliten unbehelligt von staatlicher Kontrolle den Staat "besetzen". Einseitig staatszentrierte Entwicklungsstrategien mündeten dann oft in die Selbstbereicherung der Mächtigen, lähmende Bürokratisierung, Klientelismus, die Blockierung von Marktkräften und den Aufbau ineffizienter staatlicher Unternehmen - also in beschleunigte Unterentwicklung. Der Staat als Entwicklungshemmnis
In Brasilien, Argentinien oder auch in Mexiko konnte der Staat als Entwicklungsmotor zunächst beachtliche Industriekomplexe errichten. Die Industrie sollte den Import ersetzen. Hohe Zoll- und andere Mauern schätzten sie vor der Weltmarktkonkurrenz. Der Entwicklungsstaat teilte Kredite auf der Grundlage bürokratischer Industrieplanung zu. Der Staat gründete auch selbst öffentliche Unternehmen in zunehmendem Maße, als wegen der Enge des Binnenmarktes die private Investitionsneigung generell niedrig blieb.