Ausgabe Oktober 2025

Vampirkapitalismus

Der Paradigmenwechsel des Donald Trump und das Ende des Neoliberalismus

Benjamin Franklin als Vampir auf einem Hundert-Dollar-Schein (IMAGO / Pond5 Images)

Bild: Benjamin Franklin als Vampir auf einem Hundert-Dollar-Schein (IMAGO / Pond5 Images)

Noch kein ganzes Jahr nach Beginn der zweiten Amtszeit von Donald Trump wird dessen Regierungsstil in aller Regel als „erratisch“ und weitgehend unberechenbar bezeichnet. Ähnlich skeptisch bis abfällig blickte man im alten Europa des Rheinischen Kapitalismus auf den Ex-Schauspieler Ronald Reagan, als dieser 1981 zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde – und übersah dabei doch die grundlegenden Veränderungen. Gemeinsam mit seiner Freundin im Geiste, Margret Thatcher, die zwei Jahre zuvor zur Premierministerin in Großbritannien avancierte, änderte Reagan das Gesicht des Kapitalismus. So setzte sich schließlich auch in Europa und der Bundesrepublik – beginnend mit der Regierungszeit Gerhard Schröders und Joschka Fischers – eine neue Form des Kapitalismus durch, die heute meist als neoliberal bezeichnet wird. Wissenschaftlicher formuliert: Das alte fordistische Akkumulationsmodell, das sozialstaatliche Absicherungen mit Massenproduktion und Massengesellschaft verband, wurde abgelöst vom Marktradikalismus. Die alte, jedenfalls teilweise auf Egalität basierende Massengesellschaft verflüchtigte sich, was als Individualisierung gefeiert wurde.[1] Doch es war eine Form der Atomisierung, die Thatcher mit dem bekannten Wort auf den Punkt brachte: „There is no such thing as society. There are individual men and women, and there are families, and no government can do anything except through people, and people must look to themselves first.

»Blätter«-Ausgabe 10/2025

Sie haben etwa 7% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 93% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (5.00€)
Digitalausgabe kaufen (12.00€)
Druckausgabe kaufen (12.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Gaza: Hält der erzwungene Frieden?

von Ignaz Szlacheta

Erst als am 13. Oktober morgens die 20 noch lebenden Geiseln freigelassen worden waren und kurz darauf auch knapp 2000 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikamen, wich die Anspannung. Vorher beschrieb der katarische Nachrichtensender Al-Araby die Stimmung im Gazastreifen als einen „Zustand des Wartens und der Wachsamkeit, begleitet von großer Zuversicht“.

Die dunklen Seiten der USA

von Frank Biess

Die autoritäre Wende in den USA unter der Trump-Regierung hat bei vielen Beobachtern in der Bundesrepublik eine große Ratlosigkeit ausgelöst. Schon angesichts der ersten Trump-Regentschaft fragte der Historiker Heinrich August Winkler besorgt, ob „der Westen“ nun zerbreche.