Ausgabe Oktober 1995

Philosophie der Apokalypse

Geistige Pfadfinder der Neuen Rechten

Denkt man an die Neue Rechte, fallen einem die Namen einiger Publizisten ein, Schlagworte wie "selbstbewußte Nation", "anschwellender Bocksgesang", ein paar spektakuläre Interviews und medienwirksame Kontroversen. Hier also nochmals und schon wieder zu diesem Thema? Um Botho Straußens Bild des "hortus conclusus" aufzugreifen: im geschlossenen Garten der Neuen Rechten, der so geschlossen wiederum nicht ist, gibt es verwunschene Ecken, schattige Beete, auf denen seltsam schillernde Blüten gedeihen. Sie verströmen einen eigenartig morbiden Duft, einen Hauch von Tod, Untergang, Apokalypse. Hier wird nicht das Suppengrün für den Tagesgebrauch gezüchtet, sondern die blaue Blume einer mystisch-apokalyptischen Romantik. Ihre Gärtner: seltsam schweifende, grenzüberschreitende Rhapsoden des Raunens und Andeutens, irgendwo im vagen Ungefähr zwischen Philosophie, Pädagogik, Literatur, Anthropologie, Mythologie. Ihre Botschaft: Entmythologisierung der Aufklärung, Kampf dem Logozentrismus der westlichen Welt

Ihre Themen: Die Transparenz der Verstrickung, Zur Kritik der Moderne, Vom Mythos der Aufklärung, Die Transformation der Körper ins Imaginäre, Das autistische Neutrum, Das Reale als das Unmögliche, Zeug (sic!) unsterblichen Lebens, Die Einbildungskraft und das Flechtwerk der Leere etc.

Oktober 1995

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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