Die Atomwirtschaft zehn Jahre nach Tschernobyl
Mitte der 90er Jahre ist der Ausbau der Kernenergie zum Erliegen gekommen. Die Gesamtzahl der in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke (KKW) stagniert bei weltweit ca. 430 Stück. In den nächsten Jahren wird sie - weil mehr Anlagen stillgelegt als in Betrieb genommen werden - sogar zurückgehen. Das sieht so aus, als hätte man in den vergangenen zehn Jahren aus der Katastrophe von Tschernobyl Konsequenzen gezogen.
Doch ein Blick in die Auftragsbücher der Atomindustrie ergibt: In den USA, dem Land mit der weltweit größten Zahl von Kernkraftwerken, wurde der letzte Reaktor im Jahr 1978 bestellt. Baustellen für neue Anlagen gibt es nicht mehr. In Westeuropa sind insgesamt nur noch fünf KKW in Bau, vier in Frankreich und eins in Großbritannien. Hier erfolgten die letzten Aufträge zum Bau neuer KKW 1969 in den Niederlanden, 1973 in der Schweiz, 1974 in Finnland, 1975 in Belgien, 1976 in Schweden und Spanien, 1980 in Großbritannien, 1982 in Deutschland und 1985 in Frankreich und Italien. In allen anderen westeuropäischen Ländern werden keine Kernkraftwerke gebaut oder betrieben. Der Ausbau der Atomenergie in diesen Ländern war demnach im allgemeinen bereits viele Jahre vor der Atomkatastrophe vom 26. April 1986 abgeschlossen.