Ausgabe Juni 1996

Die Neue Transatlantische Agenda

Unterzeichnet auf dem Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika am 3. Dezember 1995 in Madrid (Wortlaut)

Bei einem Gipfeltreffen zwischen den USA und der EU unter Vorsitz des spanischen Ministerpräsidenten Gonzalez unterzeichneten USPräsident Bill Clinton und der Präsident der EU Kommission Jacques Santer am 3. Dezember v.J. in Madrid die nachstehende "Neue Transatlantische Agenda". D. Red.

Wir, die Vereinigten Staaten von Amerika und die Europäische Union,

bekräftigen unsere Überzeugung, daß die Bande zwischen unseren Völkern gegenwärtig ebenso fest sind wie während des letzten halben Jahrhunderts. Mehr als 50 Jahre lang spielte die transatlantische Partnerschaft bei den Bemühungen um Frieden und Wohlstand sowohl für uns selbst als auch für die Welt eine führende Rolle. Zusammen haben wir dazu beigetragen, daß aus Gegnern Verbündete und aus Diktaturen Demokratien wurden. Zusammen haben wir Institutionen und Strukturen der Zusammenarbeit geschaffen, durch die unsere Sicherheit und unsere wirtschaftliche Stärke gewährleistet wurden. Dies waren heroische Leistungen. Heute sind wir mit neuen Herausforderungen im Inland wie auch im Ausland konfrontiert. Um mit ihnen fertig zu werden, müssen wir die Partnerschaft, die uns so gute Dienste geleistet hat, weiter stärken und anpassen. Herausforderungen im Inland sind aber kein Grund dafür, den Blick nur nach innen zu wenden; wir können aus unseren jeweiligen Erfahrungen lernen und neue transatlantische Brücken schlagen.

Vor allem anderen müssen wir die Gelegenheit beim Schopf ergreifen, die sich mit der historischen Umwandlung Europas bietet, um die Demokratie und die freie Marktwirtschaft auf dem gesamten Kontinent zu konsolidieren. Wir haben eine gemeinsame strategische Vision von Europas künftiger Sicherheit. Gemeinsam haben wir einen Kurs festgelegt, der den dauerhaften Frieden in Europa bis ins nächste Jahrhundert hinein gewährleisten soll. Wir sind die Verpflichtung eingegangen, eine neue europäische Sicherheitsarchitektur zu schaffen, in deren Rahmen die Nordatlantikvertragsorganisation, die Europäische Union, die Westeuropäische Union, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und der Europarat jeweils eine sich ergänzende und gegenseitig stützende Rolle spielen sollen. Wir bekräftigen die Unteilbarkeit der transatlantischen Sicherheit. Die NATO bleibt für ihre Mitglieder weiterhin das Herzstück der transatlantischen Sicherheit und sorgt für die unerläßliche Verbindung zwischen Nordamerika und Europa. Eine weitere Anpassung der politischen und militärischen Strukturen der Allianz, so daß sowohl das volle Spektrum ihrer Aufgaben als auch die Entwicklung der im Entstehen begriffenen Europäischen Sicherheitsund Verteidigungsidentität deutlich werden, wird den europäischen Pfeiler der Allianz stärken. Was den Beitritt neuer Mitglieder zur NATO und zur EU anbelangt, so sollten diese Prozesse die autonom, aber dennoch komplementär sind, wesentlich zum Ausbau von Sicherheit, Stabilität und Wohlstand in ganz Europa beitragen.

Die Unterstützung der Partnerschaft für den Frieden sowie des Nordatlantischen Kooperationsrates und die Schaffung einer Sicherheitspartnerschaft zwischen der NATO und Rußland sowie zwischen der NATO und der Ukraine werden zu einer beispiellosen Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen führen. Wir stärken die OSZE, damit sie ihren Möglichkeiten zur Verhütung destabilisierender regionaler Konflikte und zur Förderung der Aussichten auf Frieden, Sicherheit, Wohlstand und Demokratie für alle gerecht werden kann. Unsere gemeinsame Sicherheit kann noch erhöht werden durch eine Stärkung und Bestätigung der Bande zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten innerhalb des Beziehungsgeflechts, das uns schon miteinander verbindet. Unsere wirtschaftlichen Beziehungen stützen unsere Sicherheit und mehren unseren Wohlstand. Zwischen uns bestehen weltweit die umfangreichsten zweiseitigen Handels- und Investitionsbeziehungen. Wir sind in besonderem Maße dafür verantwortlich, daß die multilateralen Bemühungen weltweit zu einer offeneren Regelung für Handel und Investitionen führen.

Unsere Zusammenarbeit hat alle globalen Handelsvereinbarungen - von der Kennedy-Runde bis zur Uruguay-Runde ermöglicht. Im Rahmen der G7 arbeiten wir auf die Förderung des globalen Wachstums hin. Und im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bemühen wir uns um Strategien, um die strukturelle Arbeitslosigkeit zu überwinden und dem demographischen Wandel Rechnung zu tragen. Wir sind entschlossen, einen Neuen Transatlantischen Markt zu schaffen, durch den die Handels- und Investitionsmöglichkeiten erweitert und auf beiden Seiten des Atlantiks vermehrt Arbeitsplätze geschaffen werden. Diese Initiative wird außerdem zur Dynamik der Weltwirtschaft beitragen. An der Schwelle zu einem neuen Jahrhundert gilt es, eine neue Welt zu formen - eine Welt voller Möglichkeiten, aber auch mit Herausforderungen, die nicht weniger kritisch sind als die, mit denen frühere Generationen konfrontiert waren. Mit diesen Herausforderungen kann die internationale Gemeinschaft einzig und allein durch Zusammenarbeit fertig werden, ebenso wie diese Möglichkeiten nur von allen gemeinsam voll genutzt werden können. Wir werden mit anderen Staaten bilateral, im Rahmen der Vereinten Nationen und auch in anderen multilateralen Gremien zusammenarbeiten.

Wir sind entschlossen, unsere politische und wirtschaftliche Partnerschaft als eine gewaltige Kraft für das Gute in der Welt auszubauen. In dieser Absicht werden wir auf den umfassenden Konsultationen, die durch die Transatlantische Erklärung von 1990 und die Schlußfolgerungen unseres Gipfeltreffens im Juni 1995 geschaffen wurden, aufbauen und eine gemeinsame Aktion in Gang bringen.

Wir verabschieden heute eine Neue Transatlantische Agenda, die auf einem Aktionsrahmen mit den folgenden vier Hauptzielen beruht:

F ö r d e r u n g v o n F r i e d e n u n d S t a b i l it ä t, Demokratie und Entwicklung in der ganzen Welt. Gemeinsam werden wir uns dafür einsetzen, für immer mehr Stabilität und Wohlstand in Europa zu sorgen, die Demokratie und die wirtschaftlichen Reformen in Mittel- und Osteuropa wie auch in Rußland, in der Ukraine und in anderen NUS zu fördern, den Frieden im Nahen Osten zu sichern, die Menschenrechte zu fördern, die Nichtverbreitung von Kernwaffen voranzutreiben und in Entwicklungsfragen und bei der humanitären Hilfe zusammenzuarbeiten.

R e a k t i o n a u f g l o b a l e H e r a u s f o r d er u n g e n. Gemeinsam werden wir gegen internationale Kriminalität, Drogenhandel und Terrorismus vorgehen, uns den Bedürfnissen von Flüchtlingen und Vertriebenen zuwenden, die Umwelt schützen und Krankheiten bekämpfen.

B e i t r a g z u r E x p a n s i o n d e s W e l t h a nd e l s u n d z u e n g e r e n w i r t s c h a f tl i c h e n B e z i e h u n g e n. Gemeinsam werden wir das multilaterale Handelssystem stärken und konkrete, praktische Maßnahmen zur Förderung engerer wirtschaftlicher Beziehungen treffen.

B r ü c k e n s c h l a g ü b e r d e n A t l a n t i k. Gemeinsam werden wir mit unseren Unternehmern, Wissenschaftlern, Lehrkräften und anderen daran arbeiten, die Kommunikation zu verbessern und zu gewährleisten, daß auch künftige Generationen sich genauso wie wir für die Entwicklung einer umfassenden und gleichberechtigten Partnerschaft einsetzen. Innerhalb dieses Rahmens haben wir einen umfassenden Gemeinsamen Aktionsplan EU-USA entwickelt. Wir werden in der Zeit bis zu unserem nächsten Gipfeltreffen den folgenden Aktionen besonderen Vorrang geben:

I. Förderung von Frieden und Stabilität, Demokratie und Entwicklung überall in der Welt

- Wir verpflichten uns, entschlossen und rasch gemeinsam und mit anderen Partnern dafür zu wirken, den Frieden herzustellen, den Wiederaufbau der im Kriege verwüsteten Regionen des ehemaligen Jugoslawien zu fördern und wirtschaftliche und politische Reformen sowie neue demokratische Institutionen zu unterstützen. Wir werden zusammenarbeiten, um folgendes zu gewährleisten:

1. die Achtung der Menschenrechte, der Rechte von Minderheiten und der Rechte der Flüchtlinge und Vertriebenen, insbesondere des Rechts auf Rückkehr;

2. die Achtung der Arbeit des vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eingerichteten Gerichtshofs für die Untersuchung von Kriegsverbrechen, um die internationale strafrechtliche Verantwortlichkeit durchzusetzen;

3. die Schaffung eines Rahmens für freie und gerechte Wahlen in Bosnien-Herzegowina, sobald die Umstände dies erlauben, und

4. die Durchführung des vereinbarten Prozesses der Rüstungskontrolle, der Abrüstung und vertrauensbildender Maßnahmen.

Neben unserer humanitären Hilfe werden wir einen Beitrag zum Wiederaufbau leisten, sofern die Bestimmungen des Friedensplans im Zusammenhang mit einer möglichst weitgehenden Lastenteilung mit anderen Geberländern und unter Nutzung der Erfahrungen internationaler Institutionen, der Europäischen Kommission und aller maßgeblichen bilateralen Geberländer im Koordinierungsmechanismus zur Anwendung kommen. - Wir werden die mittel- und osteuropäischen Länder bei ihren Bemühungen um den Umbau ihrer Wirtschaft und die Stärkung ihrer demokratischen und marktwirtschaftlichen Institutionen unterstützen. Ihr Eintreten für demokratische Regierungssysteme, für die Wahrung der Rechte von Minderheiten und der Menschenrechte, für eine marktorientierte Wirtschaft und für gute Beziehungen zu den jeweiligen Nachbarländern wird ihre Integration in unsere Institutionen erleichtern. Wir werden Schritte unternehmen, um unsere Zusammenarbeit zu intensivieren, die auf den Informationsaustausch, die Koordinierung der Hilfsprogramme und die Festlegung gemeinsamer Aktionen, auf den Schutz der Umwelt und die Gewährleistung der Sicherheit der Kernkraftwerke dieser Länder abzielt.

Wir sind entschlossen, unsere Zusammenarbeit zur Konsolidierung von Demokratie und Stabilität in Rußland, in der Ukraine und in anderen NUS zu verstärken. Wir fühlen uns verpflichtet, mit ihnen zusammenzuarbeiten im Hinblick auf die Stärkung der demokratischen Institutionen und der Marktreformen, den Schutz der Umwelt, die Sicherung ihrer Kernkraftwerke und die Förderung ihrer Integration in die Weltwirtschaft. Eine dauerhafte und stabile Sicherheitsstruktur für Europa muß diese Nationen miteinbeziehen, Wir beabsichtigen, weiterhin eine enge Partnerschaft - mit einem demokratischen Rußland aufzubauen. Eine unabhängige, demokratische, stabile und kernwaffenfreie Ukraine wird zur Sicherheit und Stabilität in Europa beitragen; wir werden zur Unterstützung ihrer demokratischen und wirtschaftlichen Reformen zusammenarbeiten.

Wir werden die türkische Regierung bei ihren Bemühumgen um eine Stärkung der Demokratie und die Durchführung wirtschaftlicher Reformen unterstützen, um die weitere Einbeziehung der Türkei in die transatlantische Gemeinschaft zu fördern.

Wir werden auf eine Lösung der Zypern-Frage hinarbeiten und dabei den voraussichtlichen Beitritt Zyperns zur Europäischen Union berücksichtigen. Wir werden die Vermittlungsmission des VN-Generalsekretärs unterstützen und den Dialog zwischen und mit den zyprischen Volksgruppen fördern.

Wir bekräftigen unser Engagement für die Schaffung eines gerechten, dauerhaften und umfassenden Friedens im Nahen Osten. Wir werden auf den jüngsten Erfolgen des Friedensprozesses, einschließlich der kühnen Schritte Jordaniens und Israels, aufbauen und uns gemeinsam bemühen, die bereits getroffenen Vereinbarungen zu unterstützen und den Friedensprozeß auszuweiten. Wir nehmen zur Kenntnis, daß mit der Unterzeichnung des israelisch-palästinensischen Interimsabkommens bereits ein wesentlicher Schritt getan wurde; wir werden auf der Konferenz für Wirtschaftshilfe für das palästinensische Volk eine aktive Rolle spielen, die Wahlen in Palästina unterstützen und unseren Ehrgeiz daran setzen, Erzeugnissen aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen leichteren Zugang zu gewähren. Wir werden die regionalen Parteien zur Durchführung der Schlußfolgerungen des Gipfeltreffens von Amman ermutigen und sie dabei unterstützen. Wir werden außerdem in unseren Anstrengungen zur Förderung des Friedens zwischen Israel, Libanon und Syrien fortfahren. Wir werden die Aufhebung des arabischen Boykotts gegenüber Israel aktiv anstreben.

Wir verpflichten uns, bei unserer Präventiv- und Krisendiplomatie enger zusammenzuarbeiten, auf humanitäre Notsituationen wirksam zu reagieren, eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung und den Aufbau demokratischer Gesellschaften zu fördern sowie für die Menschenrechte einzutreten. - Wir sind übereingekommen, Entwicklungs- und humanitäre Hilfsmaßnahmen zu koordinieren und in diesen Bereichen zusammenzuarbeiten und gemeinsam vorzugehen. Zu diesem Zweck werden wir eine Konsultationsgruppe auf hoher Ebene einsetzen, die die derzeitigen Fortschritte überprüfen, die Politiken und Prioritäten beurteilen und Projekte und Regionen für den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit festlegen soll.

Wir werden bei der Entwicklung eines Plans zur wirtschaftlichen und sozialen Reform der VN verstärkt zusammenarbeiten. Wir werden uns gemeinsam um dringend benötigte Lösungen für die Finanzkrise des VN-Systems bemühen. Wir sind entschlossen, unsere Verpflichtungen, einschließlich unserer finanziellen Verpflichtungen, einzuhalten. Gleichzeitig müssen die VN ihre Mittel für Maßnahmen von höchster Priorität verwenden; das System muß reformiert werden, um seinen grundlegenden Zielen gerecht werden zu können. - Wir werden die Energieentwicklungsorganisation für die koreanische Halbinsel (KEDO) unterstützen und damit unseren gemeinsamen Wunsch zum Ausdruck bringen, wesentliche Herausforderungen, die sich weltweit im Zusammenhang mit der Verbreitung von Kernwaffen stellen, zu bewältigen

II. Reaktion auf globale Herausforderungen

Wir sind entschlossen, in unserem gemeinsamen Kampf gegen die Geißel des internationalen Verbrechens, des Drogenhandels und des Terrorismus neue Schritte zu unternehmen. Wir verpflichten uns zu einer aktiven praktischen Zusammenarbeit zwischen den USA und dem künftigen europäischen Polizeiamt, EUROPOL. Wir werden gemeinsam in Mittel- und Osteuropa, Rußland, der Ukraine, anderen NUS und sonstigen Regionen der Welt die laufenden Ausbildungsprogramme und Einrichtungen für Beamte, die mit der Bekämpfung der Kriminalität betraut sind, unterstützen und einen Beitrag dazu leisten.

Wir werden zusammenarbeiten, um unsere multilateralen Bemühungen zum Schutz der globalen Umwelt und zur Entwicklung von umweltpolitischen Strategien für ein weltweites umweltgerechtes Wachstum zu verstärken. Wir werden unsere Verhandlungspositionen in wichtigen globalen Umweltfragen, wie Klimaveränderung, Abbau der Ozonschicht, schwerflüchtige organische Schadstoffe, Wüstenbildung, Erosion und Bodenverseuchung aufeinander abstimmen. Wir werden koordinierte Initiativen treffen zur Verbreitung von Umwelttechnolonien und zur Verringerung der Gefährdung der Volksgesundheit durch gefährliche Stoffe, insbesondere durch Blei. Wir werden unsere bilaterale Zusammenarbeit in den Bereichen Chemikalien, Biotechnologie und Luftverschmutzung intensivieren.

Wir sind entschlossen, ein wirksames globales Frühwarnsystem und ein Netz zur Bekämpfung von neuen und erneut auftretenden übertragbaren Krankheiten, wie beispielsweise von Aids und dem Ebolavirus, zu schaffen und zum Einsatz zu bringen und die Ausbildung und den Austausch von Personal in diesem Bereich zu fördern. Gemeinsam fordern wir andere Nationen auf, sich uns anzuschließen, damit diese Krankheiten wirksamer bekämpft werden.

III. Beitrag zur Ausweitung des Welthandels und zur Schaffung engerer Wirtschaftsbeziehungen

Wir haben eine besondere Verantwortung dafür, das multilaterale Handelssystem zu stärken, die Welthandelsorganisation zu unterstützen und uns an vorderster Front für die Öffnung von Märkten für Handel und Investitionen einzusetzen. Wir werden zur Ausweitung des Welthandels beitragen, indem wir unsere im Rahmen der Uruguay-Runde eingegangenen Verpflichtungen vollständig umsetzen; wir werden bemüht sein, noch unerledigte Angelegenheiten fristgerecht zum Abschluß zu bringen, und werden auf ein erfolgreiches und umfassendes Ergebnis der Ministertagung der Welthandelsorganisation (WTO) im Dezember 1996 in Singapur hinwirken. In diesem Zusammenhang werden wir die Möglichkeiten einer Vereinbarung über ein für alle Seiten zufriedenstellendes Paket von Zollsenkungen für gewerbliche Waren sondieren und die Frage prüfen, ob einige der im Rahmen der Uruguay-Runde eingegangenen Verpflichtungen im Zollbereich beschleunigt umgesetzt werden können. Angesichts der Bedeutung der Informationsgesellschaft leiten wir eine spezifische Maßnahme in die Wege, um zu versuchen, ein Übereinkommen über die Informationstechnologie zu schließen.

Wir werden zusammenarbeiten im Hinblick auf den erfolgreichen Abschluß eines multilateralen Investitionsabkommens im Rahmen der OECD, in dem strenge Grundsätze in bezug auf die Liberalisierung und den Schutz internationaler Investitionen verankert werden. In der Zwischenzeit werden wir bemüht sein, mit unseren WTO-Partnern eine Aussprache über diese Frage in die Wege zu leiten. Wir werden in den entsprechenden Gremien Probleme zur Sprache bringen, bei denen sich Handelsfragen mit Anliegen im Zusammenhang mit dem Umweltschutz, international anerkannten Arbeitsnormen und der Wettbewerbspolitik überschneiden. Entsprechend den von uns im Rahmen der WTO eingegangenen Verpflichtungen werden wir gemeinsam zur Schaffung zusätzlicher bilateraler und weltweiter Handelsmöglichkeiten beitragen.

Ohne unserer Zusammenarbeit in multilateralen Gremien dadurch Abbruch zu tun, werden wir durch einen schrittweisen Abbau oder die Beseitigung von Hemmnissen für den freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen unseren Ländern einen Neuen Transatlantischen Markt schaffen. Wir werden gemeinsam eine Untersuchung darüber anstellen, wie der Handel mit Waren und Dienstleistungen erleichtert und wie tarifäre und nichttarifäre Hemmnisse abgebaut oder beseitigt werden können. 

Wir werden die Zusammenarbeit im Regelungsbereich insbesondere dadurch fördern, daß wir die Regelungsbehörden ermutigen, der Zusammenarbeit mit den entsprechenden transatlantischen Stellen einen hohen Vorrang einzuräumen, damit die technischen und nichttarifären Handelshemmnisse, die sich aus unterschiedlichen Regelungsprozessen ergeben, angegangen werden. Wir setzen uns zum Ziel, möglichst bald ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (einschließlich Zertifikationsund Prüfverfahren) für bestimmte Sektoren zu schließen. Wir werden die laufenden Arbeiten in verschiedenen Sektoren fortsetzen und weitere Schwerpunktbereiche ermitteln.

Wir werden bemüht sein, bis Ende 1996 ein Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den USA über Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung im Zollbereich zu schließen.

Damit unsere Völker neu entwickelte Informationstechnologien und -dienstleistungen in vollem Umfang nutzen können, werden wir auf die Verwirklichung einer transatlantischen Informationsgesellschaft hinarbeiten. - In Anbetracht der übergreifenden Bedeutung der Schaffung von Arbeitsplätzen verpflichten wir uns, bei den Folgemaßnahmen zu der Beschäftigungskonferenz in Detroit und zu der Initiative des G7-Gipfels zusammenzuarbeiten. Wir freuen uns auf eine weitere Zusammenarbeit bei der Vorbereitung der G7-Beschäftigungskonferenz in Frankreich und auf dem nächsten G7-Gipfel im Sommer 1996 sowie in anderen Gremien, wie beispielsweise der OECD. Wir werden eine gemeinsame Arbeitsgruppe für Beschäftigungs- und Arbeitsfragen einsetzen.

IV. Brückenschlag über den Atlantik

- Wir sind uns dessen bewußt, daß die Unterstützung unserer Partnerschaft durch die Öffentlichkeit gestärkt und ausgeweitet werden muß. Im Hinblick darauf werden wir bemüht sein, die kommerziellen, sozialen, kulturellen, wissenschaftlichen und bildungspolitischen Verbindungen zwischen unseren Völkern zu vertiefen. Wir verpflichten uns, bei der gegenwärtigen und den künftigen Generationen das gegenseitige Verständnis und den Sinn für ein gemeinsames Ziel zu wecken, die unsere Beziehungen in der Nachkriegszeit gekennzeichnet haben.

Wir werden diese anspruchsvollen Ziele nicht ohne die Unterstützung unserer jeweiligen Wirtschaftskreise erreichen können. Wir werden die Entwicklung der transatlantischen Geschäftsbeziehungen als integralen Bestandteil unserer umfassenderen Bemühungen zur Stärkung unseres bilateralen Dialogs fördern. Die erfolgreiche Konferenz führender Geschäftsleute aus Europa und den USA vom 10./11. November 1995 in Sevilla war ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Eine Reihe von Empfehlumgen dieser Konferenz sind bereits in unseren Aktionsplan aufgenommen worden, und wir werden konkrete Folgemaßnahmen im Anschluß an andere Empfehlungen in Betracht ziehen. - Wir werden intensiv darauf hinwirken, daß bis 1997 ein neues umfassendes Abkommen zwischen der EG und den USA über die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit geschlossen wird.

Wir sind überzeugt davon, daß das kürzlich zwischen der EU und den USA geschlossene Abkommen über Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und der beruflichen Bildung eine Art Katalysator für ein breites Spektrum innovativer Maßnahmen der Zusammenarbeit sein kann, die Studenten und Lehrern unmittelbar zugute kommen. Wir werden prüfen, wie eine umfangreichere private Unterstützung für bildungspolitische Austauschprogramme erreicht werden könnte, einschließlich Stipendien und Programmen für medizinische Praktika. Wir werden uns für die Einführung neuer Technologien in den Klassenzimmern einsetzen, wobei eine Verbindung hergestellt wird zwischen den Schulen in der EU und denen in den USA, und wir werden die Vermittlung von Sprache, Geschichte und Kultur des Partners im Unterricht fördern.

Parlamentarische Beziehungen

Wir messen verstärkten parlamentarischen Beziehungen große Bedeutung bei. Wir werden führende Parlamentarier auf beiden Seiten des Atlantiks zu neuen konsultativen Mechanismen, darin einbegriffen solche, die auf bestehenden Einrichtungen aufbauen, im Hinblick auf die Erörterung von Fragen, die unsere transatlantische Partnerschaft betreffen, konsultieren.

Umsetzung unserer Agenda

Die neue Transatlantische Agenda ist eine umfassende Aufstellung der zahlreichen Bereiche unserer gemeinsamen Aktion und Zusammenarbeit. Wir haben die Gruppe hoher Beamter damit betraut, die Arbeiten im Zusammenhang mit dieser Agenda und insbesondere mit den von uns festgelegten prioritären Maßnahmen zu beaufsichtigen. Wir werden unsere regelmäßigen Gipfeltreffen dazu nutzen, die Fortschritte zu bewerten und unsere Prioritäten zu aktualisieren und zu überprüfen. In den letzten fünfzig Jahren war die transatlantische Beziehung für die Sicherheit und den Wohlstand unserer Völker von zentraler Bedeutung. Unsere Bestrebungen für die Zukunft müssen unsere bisherigen Errungenschaften noch übertreffen.

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

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