Ausgabe November 1997

Wie die Wehrmacht die Fähigkeit erlangte, einen Vernichtungskrieg zu führen

Die Ausstellung konfrontiert uns mit unwiderlegbaren und erschütternden Tatsachen. Über die Ursachen, die den Vernichtungskrieg ermöglicht und bewirkt haben, sagt sie uns nichts. (Die Interpretation, daß das unausrottbar Böse im Menschen Hauptursache sei, schließt sie nicht unbedingt aus.) Die Kausalbeziehungen zu ermitteln, ist die Aufgabe kritischer Wissenschaft. Streng genommen ist eigentlich erst dann die Stufe von Wissenschaft erreicht wenn diese (in Natur und Gesellschaft) ermittelt werden. Die Basis solcher Analysen aber bildet selbstverständlich das Tatsachenmaterial. Über zwei grundlegende Tatsachen kann es keinen Zweifel geben. Sie sind seit dem Internationalen Militärtribunal 1945 bekannt und durch die über 50jährige Arbeit der internationalen Forschung eindringlich bestätigt worden.

Das Herrschaftssystem des deutschen Faschismus zielte von Anfang an auf den großen Eroberungskrieg. Die Unterwerfung und dauerhafte Niederhaltung der europäischen Völker vom Atlantik bis zum Ural sollte die Weltmachtgeltung Deutschlands garantieren. Um den eroberten Osten in "blühende germanische Provinzen" (Himmler) 1) verwandeln zu können, waren Terror und Völkermord schon frühzeitig eingeplant: als unumgängliche Mittel zur Durchsetzung dieser gigantischen Ziele, aber auch als legitime Mittel der deutschen Herrenrasse gegenüber rassisch Minderwertigen.

November 1997

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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