Ausgabe Dezember 1998

Wye Plantation ist nicht Camp David

Nahostgipfel im Oktober 1998 am Wye River: Abgeschieden der Konferenzort und ausgeschlossen die Presse - darin erschöpft sich auch schon die Parallele zu Camp David. Auf dem Landsitz des amerikanischen Präsidenten einigten sich 1978 der israelische Regierungschef Mechachim Begin und der ägyptische Präsident Anwar el Saddat auf die Rückgabe des israelisch besetzten Sinai an Ägypten; die Vermittlungsleistung Jimmy Carters wurde ein Jahr später vom ersten Friedensvertrag gekrönt, den Israel mit einem seiner arabischen Nachbarn schloß. Zwanzig Jahre später kann von einem großen Wurf wie in Camp David nicht die Rede sein. In der ländlichen Idylle an der Chesapeake Bay ging es vielmehr darum, den israelisch-palästinensischen Friedensprozeß aus dem Koma zu erwecken. Denn fünfzig Jahre nach Gründung des Staates Israel und fünf Jahre, nachdem Itzhak Rabin und Yassir Arafat vor dem Weißen Haus einander und der Welt versprochen hatten, die Jahrhundertfeindschaft zwischen Israelis und Palästinensern begraben zu wollen, drohte dem Versuch, die palästinensische Hypothek auf dem Verhandlungswege abzutragen, der Offenbarungseid.

Dezember 1998

Sie haben etwa 6% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 94% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Krieg gegen Gaza: Israels innere Spaltung

von Ignaz Szlacheta

„Schalom, auf Wiedersehen Gaza, wir trennen uns. Ich werde am Strand sitzen und die Uniform vergessen.“ Diese Zeilen sang Yishai Levi während eines Auftritts in einer bekannten israelischen Politiksendung im Jahr 1993.

Frieden durch Recht

von Cinzia Sciuto

Am Anfang stand der 11. September 2001. Danach wurde die Lawine losgetreten: Ein langsamer, aber unaufhaltsamer Erdrutsch erfasste die internationale rechtliche und politische Ordnung. Ein Erdrutsch, der nach und nach die supranationalen Institutionen und die stets fragile, aber nie völlig illusorische Utopie einer friedlichen und auf dem Recht basierenden Weltordnung tief erschüttert hat