Anfragen eines Historikers an die vatikanische Reflexion über die Shoah
Endlich sollte es soweit sein: Nach fast 2000 Jahren spricht die katholische Kirche in einem "Akt der Umkehr und Reue" ihr tiefes Bedauern über die Judenfeindschaft und Judenverfolgung aus. Elf Jahre brauchte die päpstliche "Kommission für die religiösen Beziehungen mit dem Judentum", um dieses politisch hochbrisante Dokument zur Jahrtausendwende zu verfassen. Und was ist dabei herausgekommen? Ein etwa sieben Seiten langes Schreiben mit dem Titel "Wir erinnern: Eine Reflexion über die Shoa", das am 12. März 1998 weltweit verkündet wurde und mit einem Begleitschreiben von Johannes Paul II. versehen ist. Die Kirche, sagt er, ermuntere "ihre Söhne und Töchter, ihre Herzen zu läutern indem sie die in der Vergangenheit gemachten Fehler und ihre Untreue gegenüber dem Glauben bereuen."
Der Papst gibt seiner "innigen" Hoffnung Ausdruck, daß dieses Dokument " wirklich dazu beiträgt, die von Mißverständnissen und Ungerechtigkeiten in der Vergangenheit herrührenden Wunden zu heilen." 1) Vermag es das? Vertuscht es nicht vielmehr diese Wunden durch kunstfertig aufgetragene rhetorische Kosmetik? Mehr noch als am späten Zeitpunkt machen die unterschiedlichen Positionen sich vor allem an der Rolle Pius XII. fest. Er hatte zur Judenvernichtung geschwiegen.