Mit Gelassenheit, wenn nicht gar mit überheblicher Attitüde reagierten in Deutschland etliche auf die Raubgold-Debatte, in deren Mittelpunkt schweizerische Banken stehen, weil sie von der Deutschen Reichsbank Raubgold übernommen und damit nicht nur hohe Profite gemacht, sondern dem NS-Regime auch unverzichtbare logistische Dienste für die Kriegsführung geleistet hatten. Der "Spiegel" etwa schrieb: "Über das Alpenland bricht herein, was die Nachbarn im Norden und Osten weitgehend hinter sich haben". Die Bundesregierung reagierte ähnlich. Zwar verhängte sie über ihre Delegation auf der Londoner Raubgold-Konferenz im Dezember letzten Jahres kein Schweigegebot, wie es der Vatikan tat, doch ließ sie durch die beauftragten Sprecher verlauten, in Deutschland sei alles geklärt und selbstverständlich auch geregelt. In drei Schritten wurde diese Position zum Einsturz gebracht. Der Privatforscher Hersch Fischler machte bereits Anfang letzten Jahres eine wenig interessierte Öffentlichkeit darauf aufmerksam, daß zentrales Reichsbank-Archivmaterial zum Raub von Opfergold nicht mehr auffindbar ist, obwohl es der Bank deutscher Länder, der Vorläufern der Bundesbank, von den Alliierten "zur dauerhaften Aufbewahrung" übergeben worden war.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.