Ausgabe April 1999

Fetisch Geldwertstabilität

Sollte eine Zentralbank Wirtschaftswachstum, Preisstabilität und Vollbeschäftigung auf ihre Agenda setzen? Oder sollte sie sich ganz auf die Inflationskontrolle konzentrieren? Diese Debatte wird gerade in Europa geführt, wo die Rufe sozialdemokratischer Regierungen nach niedrigeren Leitzinsen lauter werden, nachdem die nationalen Zentralbanken der neuen Europäischen Zentralbank weichen mußten. In den Vereinigten Staaten, wo Vollbeschäftigung per Bundesgesetz als ein Politikziel vorgeschrieben ist, kommt es im Kongreß regelmäßig zu Anträgen der Republikaner, die Zentralbank allein auf Inflationsbekämpfung anzusetzen. Seit Anfang der 80er Jahre hat eine Handvoll Staaten förmlich erklärt, übergeordnetes Ziel der Geldpolitik sei eine niedrige und stabile Inflationsrate. Zu diesen Staaten zählen Neuseeland, Kanada, Großbritannien und Schweden. Die Wächter der strikten Anti-Inflationspolitik führen sie als Beispiele an, wenn sie behaupten, eine solche Festlegung der Notenbank würde die Wirksamkeit der amerikanischen Wirtschaftspolitik steigern. Dieser Meinung liegt ein merkwürdiges Verständnis von "Wirtschaftspolitik" zugrunde. Der Begriff wird nicht im Sinne von steigendem Lebensstandard, Vollbeschäftigung, Angleichung der Einkommen oder ähnlichen Verbesserungen im amerikanischen Wohlstandsgefüge verwendet.

April 1999

Sie haben etwa 12% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 88% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Dividenden statt Investitionen

von Aurora Li, Michael Peters, Uwe Zöllner

Ob bei der Wasserversorgung, in der Pflege oder im Gesundheitssektor: Bereits seit einigen Jahrzehnten kommt es selbst in systemrelevanten Bereichen immer wieder zu Privatisierungen – bei denen die kurzfristige Gewinnmaximierung zugunsten der Investoren oftmals das Geschäft bestimmt.

Von der Silicon Valley Bank zur Credit Suisse: Finanzmarktkrise 2.0?

von Rudolf Hickel

Fünfzehn Jahre nach der Finanzmarktkrise, die im September 2008 durch die Lehman-Pleite ausgelöst wurde und die Weltwirtschaft beinahe zum Absturz brachte, drohen erneut massive Turbulenzen im Kasinokapitalismus. In den USA erschütterte der Crash eines zuvor ziemlich unbekannten regionalen Spezialinstituts, der Silicon Valley Bank (SVB), die Finanzmärkte.