Als Brechts Stück "Die heilige Johanna der Schlachthöfe " 1959 fast dreißig Jahre nach seiner Entstehung - im Hamburger Schauspielhaus uraufgeführt wurde, da trug die Theaterkritik in der "Welt" die Überschrift: "Gründgens besiegt Brecht". Die sich solchermaßen naiv artikulierende antikommunistische Kampfgesinnung traf einen wahren Kern: Der geniale Regisseur hatte über den engagierten Polit-Stückeschreiber durch eine Inszenierung triumphiert, die dessen Theaterauffassung diametral widersprach, indem er die aufklärerische Parabel in eine "Legende vom Schicksal des Guten in unserer erbarmungslosen Welt" ("Hamburger Abendblatt") verflachte und zum Auslöser einfühlender Elendsschauer verkommen ließ.
Gustav Gründgens wäre in diesen Tagen 100 Jahre alt geworden, was der Sender "arte" zum Anlaß nahm, ihm ein Portrait und die Ausstrahlung seines berühmten "Faust"-Films aus dem Jahr 1960 zu widmen. Ähnlich wie Leni Riefenstahl oder Wilhelm Furtwängler gehört er zu den Figuren, die der Ruf eines hohen künstlerischen Talents und gleichzeitig eine anrüchige Komplizenschaft mit den Nazis zur "umstrittenen" historischen Figur werden ließ.