Ausgabe Dezember 1999

Der Streit um die Vermögenssteuer

"Während CDU/CSU und FDP immer nur über Steuerentlastungen geredet haben, hat die Regierungskoalition sofort nach ihrem Wahlsieg gehandelt", kommentierte SPD-Finanzexperte Joachim Poß die Steuerschätzungsergebnisse Anfang November. In der Tat begründet das höhere rot-grüne Aktivitätsniveau immer deutlicher den maßgeblichen Unterschied zwischen der Steuerpolitik der alten und der neuen Koalition. Der obligatorische Hinweis der amtierenden Regierung, steuerpolitisch nach wie vor einen Kurswechsel anzustreben, hat inzwischen mehr symbolischen als realen Gehalt; die Auseinandersetzung um die angemessene Besteuerung von Vermögen ist dafür exemplarisch.

Die Debatte

Seit dem Vermögensteuer-Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995 ist das Thema ein Dauerbrenner, das - mit Akzentverschiebungen - für wahlkämpferische wie für tagespolitische Zwecke von verschiedenen Seiten instrumentalisiert worden ist. In der letzten Phase ihrer Oppositionszeit setzte die SPD der Untätigkeit der konservativ-liberalen Regierung, die sich der verfassungsrichterlich geforderten Neuregelung der Vermögensteuer verweigerte, rhetorischen Aktionismus entgegen. In Partei- und Wahlprogrammen sowie sonstigen Grundsatzerklärungen avancierte die Wiedereinführung der Vermögensteuer zum ceterum censeo im Kampf für "Innovation und Gerechtigkeit".

Dezember 1999

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Mythos grüne Digitalisierung

von Ingo Dachwitz, Sven Hilbig

Der Klang der Zukunft ist ein leises, elektrisches Dröhnen, das in den Knochen vibriert. Hier im Rechenzentrum herrscht niemals Stille. Es ist erfüllt von einem monotonen Chor mechanischer Flüstertöne.