"Während CDU/CSU und FDP immer nur über Steuerentlastungen geredet haben, hat die Regierungskoalition sofort nach ihrem Wahlsieg gehandelt", kommentierte SPD-Finanzexperte Joachim Poß die Steuerschätzungsergebnisse Anfang November. In der Tat begründet das höhere rot-grüne Aktivitätsniveau immer deutlicher den maßgeblichen Unterschied zwischen der Steuerpolitik der alten und der neuen Koalition. Der obligatorische Hinweis der amtierenden Regierung, steuerpolitisch nach wie vor einen Kurswechsel anzustreben, hat inzwischen mehr symbolischen als realen Gehalt; die Auseinandersetzung um die angemessene Besteuerung von Vermögen ist dafür exemplarisch.
Die Debatte
Seit dem Vermögensteuer-Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995 ist das Thema ein Dauerbrenner, das - mit Akzentverschiebungen - für wahlkämpferische wie für tagespolitische Zwecke von verschiedenen Seiten instrumentalisiert worden ist. In der letzten Phase ihrer Oppositionszeit setzte die SPD der Untätigkeit der konservativ-liberalen Regierung, die sich der verfassungsrichterlich geforderten Neuregelung der Vermögensteuer verweigerte, rhetorischen Aktionismus entgegen. In Partei- und Wahlprogrammen sowie sonstigen Grundsatzerklärungen avancierte die Wiedereinführung der Vermögensteuer zum ceterum censeo im Kampf für "Innovation und Gerechtigkeit".