Am 24. März verkündete das Appellate Committee des britischen Oberhauses, das höchste Gericht im Rechtssystem Großbritanniens, sein Urteil im Fall Pinochet: Der Senator auf Lebenszeit und ehemalige Militärdiktator Chiles, Augusto Pinochet, darf an Spanien ausgeliefert werden, um dort wegen Folter vor Gericht gestellt zu werden. 1) Weitere Anklagepunkte im spanischen Auslieferungsgesuch - einschließlich Mord, versuchter Mord und Geiselnahme ließ die Mehrheit der Richter nicht gelten. Das Urteil wurde zunächst von Anhängern und Gegnern des ehemaligen Generals gleichermaßen als Triumph gefeiert - eine verblüffende Reaktion, die einige Kommentatoren dazu veranlaßte, von einem salomonischen Urteil zu sprechen. Konfus wäre eine treffendere Bezeichnung; als Meilenstein in der Entwicklung des internationalen Schutzes der Menschenrechte wird das Urteil gewiß nicht in die Rechtsgeschichte eingehen. Trotz der hervorragenden Bedeutung dieses Präzedenzfalles ist es schwer vorstellbar, daß die Rechtssprechung der Lordrichter Einfluß auf Entscheidungen ausländischer Gerichte ausüben wird - obwohl die internationale Rechtssprechung eine wichtige Quelle des Völkerrechts darstellt und gerade im Fall Pinochet starke Berücksichtigung fand. Britische Gerichte, die an das Urteil gebunden sind, werden Mühe haben, es umzusetzen.
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.