Martin Walser, Ignatz Bubis und die tausend Briefe
Was Martin Walser vor einem Jahr mit seiner "Sonntagsrede" in der Frankfurter Paulskirche auslöste, welche Wirkungen sein mit stehendem Applaus bedachter Antrag auf deutsche Normalität ohne "die unaufhörliche Präsentation unserer Schande" nach sich gezogen hat, darauf wurde, wer es seinerzeit nicht realisiert oder schon vergessen hatte, durch das letzte Interview von Ignatz Bubis gestoßen. (Zum Tod von Bubis vgl. Hans Jakob Ginsburg in der Septemberausgabe.) Ein Jahr nach der Provokation des Schriftstellers erscheint nun ein umfangreicher Band zur Debatte zwischen Walser und Bubis. Letzterer hatte bei einer Berliner Gedenkfeier zum 9. November auf Walsers Versuch geantwortet, "Geschichte zu verdrängen". (Die Reden von Walser und Bubis sind dokumentiert in "Blätter", 1/1999; vgl. auch den Beitrag von Gerd Steffens, Martin Walser oder die Unberührbarkeit des Glücks, "Blätter", 4/1999.) In dem jetzt erscheinenden Band werden Beiträge zur Diskussion dokumentiert, aber auch ein Teil der Briefe an Bubis und Walser. Beide gemeinsam haben diese Auswahl getroffen. Wulf D. Hund konnte mit freundlicher Genehmigung der Kontrahenten sämtliche Briefe (beim Zentralrat der Juden in Deutschland und beim Suhrkamp Verlag) einsehen und hat sie ausgewertet. - D. Red.