Ausgabe September 1999

Sozialdemokratische Zustände

Der wirklich heiße Sommer 1999 hat es noch deutlicher gemacht: In für ernsthaft denkende Menschen fast unerträglicher Weise werden in der SPD substantielle inhaltliche Fragen auf eine personenzentrierte Ebene verschoben. Dabei entstehen bei manchem sozialdemokratischem Politiker offensichtlich die Gedanken im Mund und nicht, wie es sein sollte, zuerst im Kopf; da redet man drauflos und so lange, bis man den Gegner endlich im eigenen Lager entdeckt hat, statt sich mit der Opposition, deren ungeordneter Nachlaß kaum mehr zur Kenntnis genommen wird, auseinanderzusetzen. Auf diese vordergründige Weise wird die Komplexität gesellschaftlicher Veränderungsprozesse verdeckt, die fast umwälzende Umorientierung in den Wertewelten nicht angemessen begriffen und schon gar nicht begreifbar gemacht. Leichtfertig fällt man in die gewohnten Zuordnungen zurück: links/rechts, Traditionalist/Modernisierer, weil's griffiger zu sein scheint.

September 1999

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