Ausgabe April 2000

Briefe an die grüne Basis

Offener Brief von Jürgen Trittin vom 9. März 2000 (Auszüge)

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Alle 19 Atomkraftwerke in Deutschland besitzen unbefristete Betriebsgenehmigungen. Deshalb heißt es im Koalitionsvertrag: "Als dritten Schritt wird die Koalition nach Ablauf dieser Frist ein Gesetz einbringen, mit dem der Ausstieg aus der Kernenergienutzung entschädigungsfrei geregelt wird; dazu werden die Betriebsgenehmigungen zeitlich befristet." Lange Zeit war umstritten, ob die Betriebsgenehmigungen rechtlich einwandfrei nachträglich befristet werden können. Nachdem die Betreiber die Verhandlungen im letzten Sommer mit der Begründung abgelehnt hatten, sie wollten zunächst wissen, was ihnen im Falle des Dissenses drohe, wurde diese Frage in der Koalition einer Klärung zugeführt.

Nach monatelangen Prüfungen tragen die Verfassungsressorts Justiz und Innen sowie das Kanzleramt und das Wirtschaftsministerium die vom Umweltministerium ausgearbeitete Linie mit. Eine solche nachträgliche Befristung ist keine Enteignung, sondern eine zulässige, am Allgemeinwohl orientierte Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums. Das Grundrecht auf Berufsfreiheit steht dem ebenso wenig entgegen, wie der Euratomvertrag. Sie bietet keine Grundlage für Entschädigungsforderungen. Notwendige Voraussetzung ist, dass nicht in die Substanz des Eigentums eingegriffen wird.

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