Ausgabe April 2000

PDS: Aufbruch im Konjunktiv

Nach der vom Bundesverfassungsgericht gegen CDU/CSU, FDP und SPD erzwungenen Veränderung des Wahlgesetzes für die ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen beschloss die PDS im September 1990 Hals über Kopf ihre Ausweitung in die "alten" Bundesländer. Knapp zehn Jahre später fällt die Bilanz der "Westentwicklung" gemessen an damaligen und bis heute immer wieder geäußerten euphorischen Erwartungen bescheiden aus. Wer dem so beliebten Voluntarismus nicht gefolgt ist, sondern die enormen kulturellen und politischen Barrieren in der westdeutschen Teilgesellschaft und ihre seit mindestens anderthalb Jahrzehnten anhaltende gesellschaftliche Lähmung sowie die unvermeidbaren Schwierigkeiten bei der Entwicklung einer praktisch neuen Partei realistisch einschätzte, wird zwar kaum enttäuscht worden sein, in der PDS aber auch kein Gehör finden.

Rund ein halbes Dutzend Konzepte für die Westentwicklung der PDS sind in den vergangenen Jahren verabschiedet worden, keines war erfolgreich, in keinem Fall wurde wirklich versucht, es umzusetzen. Die offensichtlichen Schwierigkeiten und die Fehlschläge (misst man die Ergebnisse an den verkündeten Zielen) haben zum Verzicht auf langfristige Vorstellungen und Analysen sowie zu einem auch nicht erfolgreicheren Pragmatismus geführt.

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In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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