Am 6. August 1993, nach der Verabschiedung des Wirtschaftsplans durch den Kongreß und ein dreiviertel Jahr nach der Wahl Clintons, schreibt Arbeitsminister Robert Reich in sein Tagebuch: "Kein Zweifel, der Plan enthält viel Gutes: Wir haben den Steuertarif etwas gerechter gemacht - teilweise durch eine Umkehr von der rückschrittlichen Richtung, auf die Reagan uns festgelegt hatte. Die ganz oben werden mehr zahlen müssen. Fünf Mio. Arbeiter am untersten Existenzrand kriegen etwa 3000 Dollar jährlich mehr in Form eines erweiterten Einkommenssteuerbonus. (...) Aber wie sieht es bei den öffentlichen Investitionen aus? Nur ein winziges Schnipsel ist übriggeblieben von dem, was wir ursprünglich angestrebt hatten. Dieser Haushalt verkündet ganz Amerika, der Ausweg aus allen wirtschaftlichen Problemen liege in der Reduzierung des Defizits und einer geringeren Schuldenaufnahme der öffentlichen Hand - egal, für welchen Zweck das Geld bestimmt ist. Diese Logik kennt keine Grenzen mehr, ihr ist nicht mehr zu entkommen. Das konzeptionelle Gefängnis ist komplett. Zu gegebener Zeit werden wir im Kerker eines "ausgeglichenen" Haushalts landen. (...) Schlimmer noch: Da niemand zu großen Einschnitten bei den Verteidigungsausgaben bereit ist, (...
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.