Ausgabe März 2000

Ausstiegsillusionen

Das Verbot der Wiederaufarbeitung zum 1. Januar 2000 war eines der ehrgeizigen Ziele des grünen Bundesumweltministers Jürgen Trittin. Vor einem Jahr wurde er nach heftiger Intervention der Stromkonzerne von Bundeskanzler Gerhard Schröder ausgebremst. Seitdem wird beim Atomausstieg weiter auf den Konsens gesetzt. Im Zentrum der Auseinandersetzung standen in der Folgezeit die Laufzeiten der 19 bundesdeutschen Atommeiler. Bis Ende des Monats solle ein kompromissfähiges Papier ausgehandelt werden, vereinbarten die vier großen Atomstromer Veba, Viag, RWE und EnBW mit Bundeskanzler Gerhard Schröder am 4. Februar. Den grün-grünen Konflikt organisierte einzig der niedersächsische Landesverband. Auf einem Sonderparteitag am 6. Februar 2000 in Celle erhob man Forderungen, die von der Konsensstrategie abweichen: statt des Bestandsschutzes für den atomaren Kraftwerkspark dafür steht die Formel 30+3 (dreißig Jahre Laufzeit und drei Jahre Übergangsfrist für die ältesten Meiler bis zu deren Abschaltung) - wurde die Stillegung von mindestens drei AKWs noch in dieser Legislaturperiode gefordert. Und weiter: die Stillegung der Kraftwerke dürfe nicht zu Zugeständnissen im Bereich der nuklearen Entsorgung führen. Bauern aus Lüchow-Dannenberg waren mit ihren Traktoren nach Celle gefahren, um gegen den Atomkurs von Rot-Grün zu protestieren.

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