Ausgabe April 2001

Entschädigung: Recht oder Sicherheit

Entscheidung der New Yorker Bundesrichterin Shirley Wohl Kram vom 7. März 2001 (Auszüge)

Ende Januar dieses Jahres wies die mit Sammelklagen gegen deutsche Banken befaßte US-Bundesrichterin Shirley Wohl Kram vom Distriktgericht New York darauf hin, daß sie Klagen von Holocaust-Opfern auf Entschädigung von Verlusten an Vermögen und Sachwerten nicht, wie von beiden Parteien beantragt, abweisen könne. Sie begründete dies mit der Tatsache, daß der der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" seitens der deutschen Wirtschaft zugesagte Fondsbeitrag in Höhe von 5 Mrd. DM noch nicht vollständig aufgebracht sei. Da diese Signale keine Auswirkungen auf die Zahlungsmoral der Wirtschaft hatten, der Fehlbetrag auch Anfang März noch 1,4 Mrd. DM betrug, lehnte Richterin Kram in ihrer Entscheidung vom 7. März eine Klageabweisung "zum jetzigen Zeitpunkt" ab. Neben der unsicheren Finanzierung der Stiftung gaben mögliche Nachteile für nicht an den Sammelklagen beteiligte NS Geschädigte den Ausschlag. Knapp eine Woche nach der Entscheidung der New Yorker Richterin teilte die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft mit, daß sie die zugesagten 5 Mrd. DM "beisammen" habe. Die Gründungsmitglieder würden ihren Beitrag aufstocken und eine Ausfallgarantie für ggf. entstehende Finanzierungslücken übernehmen. Eine Überweisung des Gesamtbetrags an die Bundesstiftung unterblieb allerdings.

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Warnungen aus Weimar

von Daniel Ziblatt

Autokraten sind vielerorts auf dem Vormarsch. Ihre Machtübernahme ist aber keineswegs zwangsläufig. Gerade der Blick auf die Weimarer Republik zeigt: Oft ist es das taktische Kalkül der alten Eliten, das die Antidemokraten an die Macht bringt.

Allzu perfekte Opfer

von Olga Bubich

„Das normale Vergessen ist der programmierte Zelltod des geistigen Lebens. Es formt die Erfahrung zu einer nützlichen Geschichte“, schreibt der amerikanische Schriftsteller Lewis Hyde. Da es keinen Grund gibt, ihm zu widersprechen, stellt sich eine nicht minder logische Frage – nützlich für wen?

Befreiung als Zusammenbruch

von Klaus-Dietmar Henke

Im August 1941 wandte sich Thomas Mann in einer seiner berühmten Radiobotschaften aus dem amerikanischen Exil wieder einmal an die deutschen Hörer. Die Sowjetunion schien fast besiegt, die Vereinigten Staaten befanden sich noch nicht im Krieg, Präsident Roosevelt und Winston Churchill hatten mit der Atlantik-Charta eben ihren Gegenentwurf zu Hitlers Pax Germanica der totalen Unterwerfung verkündet.

Kein »Lernen aus der Geschichte«

von Alexandra Klei, Annika Wienert

Wofür steht der 8. Mai 1945 in der deutschen Erinnerungskultur? Bereits zum 70. und zum 75. Jahrestags beschäftigten wir uns ausführlich mit dieser Frage. Ist dem jetzt, am 80. Jahrestag, etwas Neues hinzuzufügen?