Ausgabe Juni 2001

Antiamerikanismus?

Viele Amerikaner, denen die internationale Stellung ihres Landes am Herzen liegt, machen sich Sorgen über den Antiamerikanismus in der Welt. Aber in Washingtoner Kreisen und in der politischen Öffentlichkeit fehlt oft das Verständnis für Wesen und Hintergründe des Phänomens. Das liegt zum Teil an den Medien, weil die journalistische Berichterstattung über auswärtige Angelegenheiten heute fast ausschließlich von Washington aus erfolgt. Außenpolitische Fragen werden daher in aller Regel aus der Washingtoner Perspektive formuliert, in den Kategorien der amerikanischen Innenpolitik und der etablierten politischen Positionen. Das Verfahren lädt zu uninformativen Antworten ein und verdrängt unerwünschte oder unerfreuliche Nachrichten. Themen, die in der Hauptstadt nicht ohnehin im Gespräch sind, fallen in der Regel unter den Tisch, weil man hier allgemein annimmt, was Washington nicht interessiere, könne nicht sehr wichtig sein. Der Realitätsgehalt vieler hauptstädtischer Debatten ist deshalb nicht allzu hoch zu veranschlagen.

Das Finanzminister Paul O'Neill kürzlich über Japan von sich gab, liefert ein sprechendes Beispiel: Wegen der gegenwärtigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes müsse etwas geschehen, "um den Menschen in Japan zu einem höheren Lebensstandard zu verhelfen", meinte der Minister.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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