Ausgabe September 2001

Die Unbelehrbaren

Alle Hoffnungen auf einen zumindest kalten Frieden im Israel/Palästina-Konflikt sind zerstoben, alle, die sich nach Oslo und während des letzten Camp David Treffens noch einer moderaten Zuversicht überließen, scheinen widerlegt. Die Lage in Israel/Palästina ist seit Ausbruch der zweiten Intifada vor einem Jahr hoffnungsloser denn je. Angesichts dieser Situation erweist sich die enggeführte Frage, welche Seite für den unmittelbaren Ausbruch dieser Intifada letztlich die Verantwortung trägt, als unerheblich. Während die palästinensische Seite den Aufstand offensichtlich seit längerem vorbereitet hatte, nahm die israelische Seite mit dem vom damaligen Premier Barak zugelassenen Besuch Scharons auf dem Tempelberg das Risiko gewaltsamer Auseinandersetzungen wissentlich in Kauf. Zu fragen ist also nicht, warum der Aufstand ausbrach, sondern warum die palästinensische Seite ihn vorbereitet und die israelische Seite ihn riskiert hat. Offenbar war die palästinensische Seite aufgrund der auch von Barak nicht eingestellten, sondern fortgesetzten Siedlungstätigkeit zu dem Schluss gekommen, Konzessionen in der Jerusalemfrage sei nicht zu trauen, während die israelische Seite nicht nur mit dem innenpolitischen Problem einer Rückführung der Siedler zu kämpfen hatte.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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Frieden durch Recht

von Cinzia Sciuto

Am Anfang stand der 11. September 2001. Danach wurde die Lawine losgetreten: Ein langsamer, aber unaufhaltsamer Erdrutsch erfasste die internationale rechtliche und politische Ordnung. Ein Erdrutsch, der nach und nach die supranationalen Institutionen und die stets fragile, aber nie völlig illusorische Utopie einer friedlichen und auf dem Recht basierenden Weltordnung tief erschüttert hat