Was noch vor wenigen Wochen undenkbar erschien, ist plötzlich Wirklichkeit: Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt wird öffentlich in Frage gestellt, ohne dass die Kritiker mit verständnislosem Achselzucken rechnen müssen. In der "Zeit" werden die Pros und Contras erwogen, die großen Wirtschaftsforschungsinstitute legen eine zumindest temporäre Nicht- Berücksichtigung der Maastricht-Kriterien nahe, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) empfiehlt gar, den Stabilitäts- und Wachstumspakt in der gegenwärtigen Form endgültig auf den Müllhaufen der Geschichte zu befördern. Und der oberste Sparkommissar der Republik, Bundesfinanzminister Hans Eichel, räumt gegenüber der Europäischen Kommission ein, was vor der Wahl noch tunlichst verschwiegen wurde: Deutschland wird die im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegte Obergrenze für die Netto-Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte (Bund, Länder und Gemeinden zusammen) von 3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2002 deutlich überschreiten. Hinter dieser Entwicklung stehen aber nicht etwa eine aktive, weil die Konjunktur belebende, defizitorientierte Finanzpolitik oder einmalige Sonderausgaben auf Grund der Augustflut - sie ist das Ergebnis der stagnativen Wirtschaftsentwicklung der letzten Jahre.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.