Ausgabe September 2002

Ist die Anwendung von Gewalt jemals moralisch gerechtfertigt?

Amerikaner antworten deutschen Kollegen (Wortlaut)

Unter der Überschrift "Die Gerechtigkeit und der Krieg" dokumentierten die "Blätter" in ihrer Juniausgabe "Eine Art euro-atlantischen Briefwechsel". Einem Manifest ("What we're fighting for Wofür wir kämpfen"), in dem 60 amerikanische Intellektuelle unter Berufung auf "die Idee des Gerechten Krieges" die Beantwortung der Al Qaida-Anschläge vom 11. September 2001 mit einem weltweiten "Krieg gegen den Terror" rechtfertigen, hielten 103 Wissenschaftler und Autoren aus der Bundesrepublik in einer Antwort entgegen: "Eine Welt der Gerechtigkeit und des Friedens sieht anders aus". Nun haben die 60 Amerikaner sich am 8. August an die "Kollegen in Deutschland" gewandt, um "den Dialog fortzusetzen". Was auf den ersten Blick Hoffnungen auf eine Überwindung der tiefen amerikanisch-europäischen Entfremdung seit 9/11 wecken könnte, erweist sich bei genauerer Lektüre als eher unerquickliche Variation auf den sprichwörtlichen Dialog zwischen Taubstummen.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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