Der Erste Weltkrieg dürfte den meisten Deutschen heute, 90 Jahre nach seinem Ausbruch, beinahe so entrückt sein wie die Punischen Kriege. NS-Diktatur, Zweiter Weltkrieg und Holocaust, dazu zahlreiche Konflikte seit 1945, vorwiegend in Afrika und Asien, mit ökonomischen und politischen Rückwirkungen auch auf Europa, schließlich das Ende der Blockkonfrontation des "Kalten Krieges" mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und anderer kommunistisch regierter Länder in Osteuropa sowie die deutsche (Wieder-) Vereinigung 1989 haben eine Distanz geschaffen, die den Krieg von 1914 bis 1918 in den Hintergrund der Erinnerung drängte. Und dennoch bricht sie immer wieder hervor, die Vergangenheit, die nicht vergehen will. Nicht nur, dass uns unsere Nachbarn in Europa, etwa am symbolträchtigen Jahrestag des Waffenstillstands am 11. November 1918, an diese "Urkatastrophe" des 20. Jahrhunderts (wie sie von manchen Historikern genannt wird) gemahnen, an die 15 Millionen Toten (darunter sechs Millionen Zivilisten), die sie forderte. Nicht nur, dass ihre Ängste vor einem aggressiven, die Welt auch im Frieden beunruhigenden Deutschland nicht gestorben sind, auch wenn ihre führenden Politiker etwas anderes sagen. Auch in Deutschland selbst ist der Erste Weltkrieg nicht zum Gegenstand bloß "objektiver Betrachtung" erkaltet.
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.