Ausgabe November 2004

Mathematik und Krieg

Physiker, Chemiker und Biologen diskutieren seit langem Segen und Fluch ihrer Wissenschaften, unter anderem den militärische Gebrauch - und den Missbrauch - des von ihnen produzierten Wissens. Bedenken dieser Art sind bei Mathematikern eher selten. Da das Führen von Kriegen offensichtlich wieder ein Bestandteil unserer Welt und ein nicht weniger offensichtlicher Teil der "westlichen" Politik geworden ist, scheint die Zeit reif, um das Thema Mathematik und Kriegführung wieder aufzunehmen.1

Alle Mathematiker kennen die Geschichten über Archimedes und seinen Beitrag zur Verteidigung von Syrakus. Sie haben wahrscheinlich auch von frühneuzeitlicher Ballistik, Festungsbaumathematik und der Bedeutung der Trigonometrie für die Navigation gehört. Alle diese Anwendungen von Mathematik für Eroberung, Kriegsvorbereitung und -führung haben eines gemeinsam: Was da mit technischem und militärischem Verständnis kombiniert wurde, gehörte fast immer zu dem schon bekannten mathematischen Wissen. Insofern unterscheiden sich diese Beispiele nicht von der Anwendung einfacher Buchhaltungstechniken auf die Logistik, die aus militärischer Sicht wahrscheinlich viel wichtiger war. Mathematik diente als Werkzeugkasten, und Offiziere waren wahrscheinlich die größte Gruppe, die eine allgemeine mathematische Ausbildung erhielt. Jahrhundertelang, vom frühen 16. bis zum Beginn des 19.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Micha Brumlik: Ein furchtloser Streiter für die Aufklärung

von Meron Mendel

Als die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfiel und anschließend der Krieg der Netanjahu-Regierung in Gaza begann, fragten mich viele nach der Position eines Mannes – nach der Micha Brumliks. Doch zu diesem Zeitpunkt war Micha bereits schwer krank. Am 10. November ist er in Berlin gestorben.