Ausgabe September 2004

Neue Kriegerinnen

Lynndie England und Jessica Lynch

Zwei junge weiße Frauen lächeln freundlich in die Kamera. Sie sehen nett aus, frisch, engagiert, aktiv. Beide sind US-Soldatinnen, beide waren in Irak eingesetzt und beide haben - allerdings aus sehr unterschiedlichen Gründen - erhebliche Medienaufmerksamkeit auf sich gezogen. Jessica Lynch und Lynndie England scheinen ganz typische junge Rekrutinnen aus kleinstädtisch- ländlichen Gebieten der Vereinigten Staaten zu sein. Aber das Militär ist offensichtlich kein gewöhnlicher Arbeitgeber, und auch ein Kriegseinsatz ist kein Job wie jeder andere. Gefreite Lynch geriet 2003 angeblich in irakische Gefangenschaft; ihre spektakuläre Befreiung wurde zum Medienereignis: Sie wurde als Heldin und Opfer inszeniert. Obergefreite England erlangte schlagartig zweifelhafte Berühmtheit, als die Bilder von Folterungen im Abu- Ghraib-Gefängnis veröffentlicht wurden, die sie in stark sexuell aufgeladenen Posen zeigen. Die Handlungen dieser jungen Frauen, ihre Wahrnehmung und Darstellung in den Medien stehen im Mittelpunkt dieses Beitrags. Denn am Beispiel von Jessica Lynch und Lynndie England lässt sich das komplexe und widersprüchliche Verhältnis von Geschlecht und Gewalt im 21. Jahrhundert eindrücklich illustrieren.

Ausgangspunkt dieser Überlegungen ist ein gesellschaftsbezogener Kriegsbegriff. Krieg und Frieden sind zutiefst vergeschlechtlichte dynamische soziale Prozesse der Eskalation bzw.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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