Steuerreformen spielen in den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2005 bei allen Parteien eine relativ prominente Rolle. Dies mag vor dem Hintergrund verwundern, dass die Steuerreformen, die in den beiden Legislaturperioden der rotgrünen Koalition umgesetzt worden sind, hinsichtlich des Entlastungsvolumens wie auch strukturell in der Geschichte der Bundesrepublik einzigartig sind. Allerdings nur auf den ersten Blick: In Abhängigkeit von der jeweiligen parteipolitischen Verortung gehen den einen die Steuerreformen der vergangenen sieben Jahre nicht weit genug (CDU/CSU und FDP), den anderen dagegen zu weit (Linkspartei). SPD und Grüne wiederum, als die von rechts und links unter Beschuss geratenen Architekten besagter Steuerreformen, betreiben symbolische Politik mit Blick auf die ihnen abhanden kommenden linken Wählerinnen und Wähler, indem sie Korrekturen von beschränktem Ausmaß an den von ihnen selbst umgesetzten steuerpolitischen Maßnahmen vorschlagen: Die von beiden Parteien angekündigte Erhöhung des seit 2000 um elf Prozentpunkte gesenkten Spitzensatzes in der Einkommensteuer soll offenbar signalisieren, dass das Anliegen der Steuergerechtigkeit (wieder) ernst genommen wird.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.