Als am Ostersonntag in Potsdam zwei offensichtlich rechtslastige Männer einen schwarzen Deutschen schwer, ja fast tödlich verletzten, wurde wieder einmal schlagartig die wohl verheerendste aller Vereinigungsbilanzen ins Gedächtnis gerufen: Seit 1990 sind mehr als 100 Menschen von Neonazis und anderen fremdenfeindlich eingestellten Tätern erschlagen, erstochen, aus fahrenden Zügen geworfen, zu Tode gehetzt oder verbrannt worden. Die Zahl der zum Teil schwer Verletzten geht in die Tausende.
Die Täter sind mitten unter uns und die sozial Schwächsten und Ausgegrenzten dieser Gesellschaft ihre bevorzugten Opfer – wobei es auch voll integrierte Migranten treffen kann, wie der Überfall von Potsdam zeigt. Heute sind neonazistische Aufmärsche und Attacken gegen (vermeintliche) Ausländer, gegen Schwarze, Obdachlose und Behinderte, Angriffe gegen jüdische Einrichtungen, Friedhofsschändungen und Treibjagden gegen Migranten in Teilen des Landes an der Tagesordnung. Doch der Nährboden, auf dem die Saat dieser Gewalt wächst, existiert nicht erst seit den 90er Jahren – schon in den 80ern kamen in Westdeutschland 35 Menschen durch rechte Gewalt ums Leben. Der fremdenfeindliche Humus reicht weit in die Mitte einer nach rechts driftenden Gesellschaft – es handelt sich keineswegs allein um ein Randphänomen „extremistischer“ Gewalttäter.