Ausgabe September 2008

Atomare Schatten

Das zweite nukleare Zeitalter

Als sich Barack Obama bei seiner Berliner Rede am 24. Juni d. J. mit großer Geste für eine Welt ohne Nuklearwaffen aussprach, brachte ihm dies den mit Abstand meisten Applaus ein. „Dies ist der Moment, an dem wir das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen erneuern müssen“, erklärte der demokratische Präsidentschaftskandidat. Und in der Tat ist atomare Abrüstung heute dringlicher denn je. Fast 20 Jahre nach Ende des Kalten Krieges werden, allen voran von den Vereinigten Staaten, Planungen weitergeführt, wonach der Atomkrieg im Rahmen der Strategie der flexiblen Reaktion (flexible response) nicht als apokalyptisch, sondern als begrenz- und gewinnbar gedacht wird.

Gegenwärtig lagern weltweit noch fast 30 000 atomare Sprengköpfe. Die mehrfache Vernichtungskapazität der Menschheit hat sich seit 1989 also nur unwesentlich verringert. Zugleich ist die Verteilung der Massenvernichtungswaffen weit brisanter geworden. Dies belegt keineswegs nur die anhaltende Krise um das iranische Rüstungsprogramm. Denn nahezu unbemerkt von der Weltöffentlichkeit befinden sich die führenden Militärmächte längst wieder in einem neuen atomaren Rüstungswettlauf, der dringend gestoppt werden muss. In den Planungsstäben der Großmächte erlebt die Atombombe eine strategische Renaissance. Der „atomare Schatten“, die konkrete Gefahr eines Atomkrieges, entwickelt sich immer mehr zu einer „politisch operativen Größe gängiger Weltpolitik“.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Euphorie und Ernüchterung: Bangladesch nach dem Aufstand

von Natalie Mayroth, Dil Afrose Jahan

Im September fanden an der Universität Dhaka, einer der wichtigsten Hochschulen Bangladeschs, Wahlen zur Studentenvereinigung statt. Manche sehen sie als Testlauf für die nationalen Wahlen. Daher ist es ein Warnsignal, dass dort ausgerechnet der Studentenflügel der islamistischen Jamaat-e-Islami gewann.

Koloniale Nachwehen: Der Kampf um Kaschmir

von Amadeus Marzai

Ein brutaler Terroranschlag riss am Nachmittag des 22. April das idyllische Baisaran-Gebirgstal im von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs aus seiner Ruhe. Es war der Beginn einer rapiden Eskalation im seit jeher angespannten indisch-pakistanischen Verhältnis und könnte sogar zum Ausgangspunkt eines größeren Krieges zwischen den beiden Nuklearmächten werden.

Südkorea: Vom Putschversuch zur Richtungswahl

von Fabian Kretschmer

Es ist mehr als nur ein Klischee, dass die südkoreanische Demokratie zu den lebhaftesten in ganz Asien zählt. Seit der Wahlkampf Anfang Mai offiziell eingeläutet wurde, sind die gläsernen Fassaden der Bürotürme in der Hauptstadt Seoul mit riesigen Plakaten der Spitzenkandidaten zugepflastert.