Zum Feiern dürfte der SPD nicht zumute sein, wenn sich am 15. November, nur wenige Wochen nach der größten Niederlage der deutschen Sozialdemokratie in der jüngeren Geschichte, die Verabschiedung des Godesberger Programms zum 50. Mal jährt. Das 1959 beschlossene Programm gilt als die große pragmatische Wende der Partei, die sie auf der einen Seite zur Volkspartei werden ließ und ihr damit überhaupt erst künftige Machtoptionen ermöglichte, auf der anderen Seite aber auch den Abschied von alten Theorie- und Gesellschaftsvorstellungen bedeutete.
Vor dem Hintergrund des verheerenden Ergebnisses bei der letzten Bundestagswahl ist die Rückbesinnung auf die damalige Debatte von großem Interesse – schon um zukünftige Fehler zu vermeiden. Bis heute ist deren Aktualitätswert eminent, gerade in Anbetracht der globalen Wirtschaftskrise. Denn wie damals steht die Linke heute insgesamt vor der Frage, ob eine freiheitliche und gerechte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung denkbar ist, die über den Kapitalismus hinausweist – und wie diese beschaffen sein müsste.