Ausgabe September 2009

Unsozial in die Wahl

In der Krise, die einen dramatischen Einbruch der Wirtschaftsleistung mit sich bringt und Millionen von Menschen um ihre Zukunft bangen lässt, schlägt, so sollte man meinen, die Stunde der Sozialpolitiker. Und siehe da: In den Wahlprogrammen der im Bundestag vertretenen Parteien gibt es durchaus sozialpolitische Vorschläge, die aus der Krise führen und die Republik zukunftsfähiger machen sollen. Doch wie neu und wie sozial sind diese Ideen tatsächlich?

Der CDU-Evergreen: „Sozial ist, was Arbeit schafft“

Am wenigsten sagen jene zum Thema, die die letzten vier Jahre die Kanzlerin gestellt haben. So singen CDU und CSU unverdrossen den Evergreen „Sozial ist, was Arbeit schafft“, der auch in seiner zweihundertdreiundfünfzigsten Wiederholung nicht richtiger wird. So wäre es zum Beispiel sozial, die Löhne in Werkstätten für Behinderte anzuheben oder die Praxisgebühr für gesetzlich Krankenversicherte wieder abzuschaffen. Arbeit schaffen würde das zunächst nicht, es wäre aber sozial gerecht. Für soziale Gerechtigkeit ist jedoch im „Regierungsprogramm“ kein Platz. Stattdessen propagiert die Union „Chancengerechtigkeit“, „Generationengerechtigkeit“ und „Leistungsgerechtigkeit“.

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Mythos grüne Digitalisierung

von Ingo Dachwitz, Sven Hilbig

Der Klang der Zukunft ist ein leises, elektrisches Dröhnen, das in den Knochen vibriert. Hier im Rechenzentrum herrscht niemals Stille. Es ist erfüllt von einem monotonen Chor mechanischer Flüstertöne.