Ausgabe Oktober 2010

Im Strudel der Erinnerung

Am 24. Oktober wird Christa Wolf in Lübeck den Thomas-Mann-Preis in Empfang nehmen – „für den tiefen moralischen Ernst und die erzählerische Kraft“, die ihr Werk auszeichneten, so die Begründung der Jury.

Ernst ist auch das jüngste Buch von Christa Wolf. Ja, mehr noch: Es ist ein trauriges Buch, ein schwieriges zudem. Und dennoch kann man nicht davon lassen, muss immer weiterlesen. Allerdings fühlt sich der Leser zu Beginn, obwohl der komplizierte Titel alle Möglichkeiten eröffnet, doch ein wenig irregeführt, denn das Wort „Roman“ erscheint lediglich auf der Rückseite des Umschlags. Dort heißt es: „Der neue große Roman von Christa Wolf ‚Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud’ spiegelt das Leben der Autorin, wie ‚Kindheitsmuster’ immer wieder verbunden mit entscheidenden Momenten deutscher Geschichte.“

Auch das einführende Zitat aus Walter Benjamins „Ausgraben und Erinnern“ – „So müssen wahrhafte Erinnerungen viel weniger berichtend verfahren als genau den Ort bezeichnen, an dem der Forscher ihrer habhaft wurde“ – lässt eher Lebenserinnerungen als einen Roman erwarten.

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Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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