
Bild: Paul Gilroy, Schwarzer Atlantik. Cover: Merve Verlag, Hintergrundbild: Andrzej Kryszpiniuk via unsplash.com
„Black Atlantic“ von Paul Gilroy aus dem Jahr 1993 ist ein Schlüsselwerk der postkolonialen Kulturtheorie. Nach über drei Jahrzehnten erscheint das Buch nun im Merve Verlag erstmals in deutscher Übersetzung. Doch hat es uns, wie sich beim Lesen oder Wieder-Lesen jetzt zeigt, auch für die Debatten unserer Gegenwart noch viel zu sagen.
Gilroy, geboren 1956 in London als Sohn einer aus dem Karibikstaat Guyana stammenden Mutter und eines englischen Vaters, lehrte bis zu seiner Emeritierung am University College in London. In „Schwarzer Atlantik“ – so der deutsche Titel des Buchs – widmet er sich den Kulturen der schwarzen Diaspora, also den Kulturen, die infolge der Versklavung und Entwurzelung afrikanischer Menschen in Europa, Nord- und Südamerika und schließlich auch in Afrika entstanden.
Hierbei interessiert ihn vor allem die Entstehung und Entwicklung der „schwarzen“ Musik: Er zeigt, wie aus Afrika stammende Menschen nach der Verschleppung über den Atlantik während und nach der Sklaverei in den beiden Amerikas eigene musikalische Idiome entwickelten, in denen die Traumata der kolonialen Gewaltgeschichte ebenso widerhallen wie der Drang nach Freiheit und nach der Entwicklung eines eigenen, neuen Selbstbewusstseins.