Ausgabe November 2025

Aus der Sicht der Versklavten

Paul Gilroy, Schwarzer Atlantik. Cover: Merve Verlag, Hintergrundbild: Andrzej Kryszpiniuk via unsplash.com

Bild: Paul Gilroy, Schwarzer Atlantik. Cover: Merve Verlag, Hintergrundbild: Andrzej Kryszpiniuk via unsplash.com

„Black Atlantic“ von Paul Gilroy aus dem Jahr 1993 ist ein Schlüsselwerk der postkolonialen Kulturtheorie. Nach über drei Jahrzehnten erscheint das Buch nun im Merve Verlag erstmals in deutscher Übersetzung. Doch hat es uns, wie sich beim Lesen oder Wieder-Lesen jetzt zeigt, auch für die Debatten unserer Gegenwart noch viel zu sagen. 

Gilroy, geboren 1956 in London als Sohn einer aus dem Karibikstaat Guyana stammenden Mutter und eines englischen Vaters, lehrte bis zu seiner Emeritierung am University College in London. In „Schwarzer Atlantik“ – so der deutsche Titel des Buchs – widmet er sich den Kulturen der schwarzen Diaspora, also den Kulturen, die infolge der Versklavung und Entwurzelung afrikanischer Menschen in Europa, Nord- und Südamerika und schließlich auch in Afrika entstanden. 

Hierbei interessiert ihn vor allem die Entstehung und Entwicklung der „schwarzen“ Musik: Er zeigt, wie aus Afrika stammende Menschen nach der Verschleppung über den Atlantik während und nach der Sklaverei in den beiden Amerikas eigene musikalische Idiome entwickelten, in denen die Traumata der kolonialen Gewaltgeschichte ebenso widerhallen wie der Drang nach Freiheit und nach der Entwicklung eines eigenen, neuen Selbstbewusstseins.

»Blätter«-Ausgabe 11/2025

Sie haben etwa 15% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 85% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (12.00€)
Druckausgabe kaufen (12.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

»Deutsch-Südwest« unter Merz: Zurück zur Schuldabwehr?

von Henning Melber

Schon am Beginn des Ersten Weltkriegs musste Deutschland seinen „Platz an der Sonne“ räumen. Zuvor war das Kaiserreich kurzzeitig zur viertgrößten Kolonialmacht aufgestiegen, aber nun übernahmen die Kriegsgegner der Entente dessen okkupierte Territorien in Afrika und der Südsee.

Koloniale Nachwehen: Der Kampf um Kaschmir

von Amadeus Marzai

Ein brutaler Terroranschlag riss am Nachmittag des 22. April das idyllische Baisaran-Gebirgstal im von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs aus seiner Ruhe. Es war der Beginn einer rapiden Eskalation im seit jeher angespannten indisch-pakistanischen Verhältnis und könnte sogar zum Ausgangspunkt eines größeren Krieges zwischen den beiden Nuklearmächten werden.

Neukaledonien: Selbstbestimmt oder postkolonial dominiert?

von Oliver Eberl

Die dramatischen Bilder vom Mai 2024 glichen jenen von vor vierzig Jahren: Damals schon kämpfte in Neukaledonien – der kleinen, im südwestlichen Pazifik liegenden Inselgruppe – eine indigene Unabhängigkeitsbewegung mit Straßensperren und Blockaden gegen eigenmächtige Entscheidungen des französischen Zentralstaats.