Ausgabe September 2010

Des Pentagons verlorener Krieg

So unbestreitbar Barack Obama den Afghanistankrieg zu dem „seinen“ gemacht hat, so unbestreitbar ist auch, dass dieser Krieg ihm auf einem silbernen Tablett serviert wurde – während man ihm gleichzeitig einen Pistolen-lauf zwischen die Schultern stieß.

Tatsächlich war es das Pentagon, das Afghanistan als den Krieg seiner Wahl ansah. Hätte Obama sich dem verweigert, wäre es zu „Enthüllungen“ aus dem Verteidigungsministerium gekommen, die Oppositionspresse und die Republikanische Partei hätten ihn und seine neue Regierung heftig attackiert. Obama wäre der erwiesenen Inkompetenz im Umgang mit weltpolitischen Fragen, naiver und pazifistischer Neigungen sowie der Bereitschaft bezichtigt worden, vor dem Terrorismus zu „kapitulieren“.

Als ein Präsidentschaftskandidat ohne jegliche militärische Erfahrung hatte Obama sich dafür entschieden, den unvermeidlichen Vorbehalten von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen. So versprach er zwar, George W. Bushs Krieg im Irak zu beenden und dort Frieden zu schaffen – ein Versprechen, dessen Einlösung ungeachtet des jüngsten Truppenabzugs bis auf „nur“ 56 000 Soldaten weiter aussteht –, kündigte aber gleichzeitig an, den „richtigen Krieg“ wieder aufzunehmen und zu gewinnen, nämlich den in Afghanistan gegen Al Qaida und die Taliban.

Das war eine unausgegorene Vorstellung.

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