Ausgabe September 2010

Milliardenverbrechen Steuerhinterziehung

Seit vielen Jahren dominiert ein eklatanter Widerspruch das deutsche Steuerrecht: Einerseits wird mit Hilfe verschärfter Gesetzgebung versucht, Steueroasen auszutrocknen und die Zahl der Steuerbetrüger einzudämmen, andererseits breitet sich die Praxis der Steuerhinterziehung global und national unvermindert aus.

In letzter Zeit hat insbesondere der Ankauf von CDs mit den Daten deutscher Steuerhinterzieher durch die Bundesregierung und einige Bundesländer das Ausmaß der Steuerhinterziehung in Deutschland zumindest ansatzweise offen gelegt. Auf diesen CDs befinden sich Kontendaten von Schweizer Banken sowie von Banken in Liechtenstein. Aus Angst, durch die Veröffentlichung der Daten entdeckt zu werden, haben im Anschluss an den Kauf der CDs bis Ende Juli d.  J. rund 25 000 Steuersünder von der Möglichkeit einer Selbstanzeige Gebrauch gemacht. Der Grund dafür: Selbstanzeigen verlaufen im Regelfall straflos und sehen lediglich eine Zahlung der zuvor hinterzogenen Steuern plus sechs Prozent Zinsen vor. Dem Staat sind durch die Selbstanzeigen 1,4 Mrd. Euro Steuermehreinnahmen zugeflossen. Bei dieser Summe handelt es sich allerdings nur um die Spitze des Eisbergs: Das Schweizer Forschungsinstitut Helvetia taxiert das in der Schweiz angelegte deutsche Schwarzgeld mit 132 Mrd. Euro. Hinzu kommen enorme Schwarzgeldbeträge in Liechtenstein sowie in den Nachbarländern Luxemburg und Österreich.

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In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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