Unmittelbar im Vorfeld der Guttenberg-Hysterie – und von dieser alsbald überlagert – erfolgte eine sozialpolitische Entscheidung von fataler Konsequenz: In der Nacht vom 20. auf den 21. Februar einigten sich Union und SPD auf eine Hartz-IV-Regelsatzerhöhung von acht Euro. Und zwar im schlichten Kompromissverfahren: Die Union hatte fünf, die SPD elf Euro vorgeschlagen – am Ende landete man in der Mitte.
Damit wurde das epochale Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Februar 2010 kurzerhand über Bord geworfen – und zwar in vollstem Wissen um die Rechtswidrigkeit des Vorgehens. Schließlich hatte Karlsruhe gerade Berechnungen „ins Blaue hinein“ gerügt und damit eine Sozialpolitik nach Kassenlage untersagt. Allen Menschen komme, unabhängig von ihrem in Euro und Cent gemessenen Nutzen für die Gesellschaft, eine unveräußerliche Würde zu. Diese konkretisiere sich in einem „Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums“,[1] welches auf unabhängigem Wege zu ermitteln gewesen wäre. Davon kann bei der letztlich zustande gekommenen Kompromisslösung auf dem Wege des Kuhhandels („Gibst Du mir drei Euro, geb ich Dir drei Euro“) natürlich nicht die Rede sein.
Jenseits der Menschenwürde
Den eigentlichen entscheidenden Fehler hatten SPD und Grüne allerdings bereits am 7.