Die Rede Papst Benedikts XVI. vor dem Parlament hat den Chor des Bundestages, bestehend aus den meisten Abgeordneten, ein großes „Halleluja“ anstimmen lassen. Ob aber all jene, die in diesen Lobgesang eilfertig einstimmten, wirklich hörten, was da vor dem „Hohen Haus“ der Demokratie gesagt wurde, ist zu bezweifeln, denn es hat eben nicht „nur“ ein Theologie-Professor oder ein Professor der Rechtsphilosophie gesprochen. Gesprochen hat der Papst, der „Stellvertreter Gottes auf Erden“, der aufgrund des Jurisdiktionsprimats für sich Unfehlbarkeit beansprucht und in dessen Botschaft weit mehr liegt als nur „nachdenkliche“ oder „anspruchsvolle“ Worte. Seine Rede hat – es ließe sich sagen: im Stil des „uneigentlichen Sprechens“ eines Pius XII. – einen klaren inhaltlichen Kurs, bei dem, wenn vom „Öffnen der Fenster“ die Rede ist, um „Licht“ herein zu lassen, saubere Luft eine viel geringere Rolle spielt, als es der Verweis auf die ökologische Bewegung zunächst suggeriert. Was also hat der Stellvertreter Christi auf Erden „in Wahrheit“ oder bei „Licht“ besehen – zwei Größen, deren richtige Auslegung ein Papst seit Pius IX.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.