Ausgabe Dezember 2013

»Hier bin ich Mensch, hier greif' ich ein«

Was Schriftsteller bewirken können - ein Erfahrungsbericht

Geist und Macht – ein oft und immer wieder kontrovers diskutiertes Thema. Lässt sich schreibend auf Politik und Gesellschaft Einfluss nehmen? Wenn es dabei um die Wirkung von Büchern geht, dann sollten eigentlich Leser darüber befinden. Denn Autoren neigen zwangsläufig, schon um ihre Schreibmotivation nicht zu verlieren, zu der Annahme von ziemlich großer Wichtigkeit ihres Tuns. In meinem Alter kann man sich langsam Ernüchterung leisten – mein Glauben an die Wirksamkeit von Literatur hält sich in überschaubaren Grenzen. Was nicht heißt, dass ich mich durch Befunde anderer nicht gern auch ermutigen lasse.

„Das Einzige, was Kunst kann, ist Sehnsucht wecken nach einem anderen Zustand der Welt. Und diese Sehnsucht ist revolutionär.“[1] So war Heiner Müller überzeugt, der selbst erfahren hatte, was es bedeutet, erst verboten, dann in Ost und West kulthaft verehrt und meistgespielt zu sein, um bei gewendeter Lage auch wieder angegriffen und denunziert zu werden.

Solange es Literatur gibt, so lange gibt es dieses utopische Potential einer menschlicheren Gesellschaft. Und so lange haben Mächtige sich vor Schriften gefürchtet, haben Zensoren eingesetzt, Ketzer inquisitorisch verfolgt. Bis hin zum barbarischen Bücherverbrennen durch die Nazis, beschämend bis heute. Auch Kurt Tucholskys Schriften gingen in den Flammen auf.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Warnungen aus Weimar

von Daniel Ziblatt

Autokraten sind vielerorts auf dem Vormarsch. Ihre Machtübernahme ist aber keineswegs zwangsläufig. Gerade der Blick auf die Weimarer Republik zeigt: Oft ist es das taktische Kalkül der alten Eliten, das die Antidemokraten an die Macht bringt.