Ausgabe Mai 2013

Auf dem rechten Auge blind: Wo steckt der Antisemitismus?

Nach der Aufdeckung der Zwickauer Terrorzelle am 4. November 2011 wurde offenkundig, dass deutsche Behörden wie auch große Teile der Politik über Jahre auf dem rechten Auge blind gewesen sind. Ein Symptom dafür ist auch der Antisemitismusbericht des Deutschen Bundestages. Dieser wurde just in der Zeit der Aufdeckung der NSU-Morde erarbeitet, im Januar 2012 vorgestellt und im vergangenen Oktober endlich im Parlament debattiert.

Ursprünglich von allen Bundestagsparteien gefordert und in Auftrag gegeben, durfte man erwarten, dass ein solcher Bericht Ausdruck der geballten Sachkunde der Antisemitismusforscher dieses Landes sein würde. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Lektüre verdeutlicht vielmehr, dass auch der Antisemitismusbericht dem notorisch antisemitischen Rechtsradikalismus viel zu geringe Aufmerksamkeit schenkt. Der Bericht ist somit selbst Teil des Problems und nicht seiner Lösung.

Bemerkenswert ist die bereits im Umfang der 40seitigen „Bestandsaufnahme“ zum Ausdruck kommende Wertigkeit der drei Zielgruppen: Während Rechtsradikale etwa im Jahre 2010 1192 antisemitische Straftaten verübten, begingen „Linke“ im selben Jahr nur eine einzige Tat und „Ausländer“, so die Rubrizierung, 53 Straftaten (34).[1] Dies sollte eigentlich für eine detaillierte Analyse des antisemitischen Rechtsradikalismus sprechen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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