Ausgabe November 2014

Vom »Unrechtsstaat« und der Tragödie des Parteikommunismus

War die DDR ein „Unrechtsstaat“? Im Zuge der Koalitionsverhandlungen in Thüringen ist, just 65 Jahre nach Gründung der DDR, eine alte Debatte neu entbrannt. Dabei handelt es sich bei dem Begriff des Unrechtsstaats um eine ausgesprochen problematische Vokabel. Zweifellos war die DDR kein Rechtsstaat, sondern, sogar nach ihrem Selbstverständnis, eine Diktatur, nämlich die des Proletariats. Der Begriff des Unrechtsstaats geht jedoch weit darüber hinaus und stellt die historische Legitimation dieses Staates seit seinen Anfängen in Frage. Daher die berechtigte Kritik an diesem Begriff, etwa von Gregor Gysi.

Dennoch sind jetzt wieder all jene auf den Barrikaden, die der Linkspartei seit 25 Jahren vorwerfen, sich nicht hinreichend mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. Dabei hat die Partei in vielen Manifesten ihre Distanzierung insbesondere von ihrer stalinistischen Periode zum Ausdruck gebracht, am sichtbarsten zuletzt im Oktober 2013, als der Parteivorstand eine „Gedenktafel am Karl-Liebknecht-Haus“ beschloss. Der erste Punkt des Beschlusses lautet: „Im Gedenken an die Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten, die dem großen Terror in der Sowjetunion zum Opfer fielen, wird am Berliner Karl-Liebknecht-Haus eine Gedenktafel angebracht.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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