Ausgabe Oktober 2015

Indonesien: Autokratie vs. Demokratie

Ein gutes Jahr ist es nun her, dass Indonesien haarscharf an seiner Rückkehr zur Autokratie vorbeigeschrammt ist. Nach dem knappen Sieg des studierten Forstwirts und ehemaligen Möbelhändlers Joko Widodo, genannt Jokowi, gegen den Exgeneral Prabowo Subianto schwappte eine Welle der Erleichterung durch die demokratisch und menschenrechtlich gesinnten Lager. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Jokowi ist zwar bereits Indonesiens siebter Präsident und der fünfte seit dem Rücktritt des Diktators Suharto im Jahr 1998, aber der erste, der nicht den alten militärischen Netzwerken entstammt.

Dabei stand sein Wahlsieg bis zum Ende auf Messers Schneide. In Zeiten ökonomischer Unsicherheit und wachsender Frustration über den zu vorsichtig und schwächlich regierenden Susilo Bambang Yudhoyono setzten viele ihre Hoffnungen auf den gut vernetzten Exgeneral und Schwiegersohn Suhartos. Hungrig nach einer harten Hand inmitten des Korruptionssumpfes, schien vor allem die jüngere städtische Generation bereit, ihm die Menschenrechtsverletzungen der Suharto-Ära zu verzeihen.

Mit dieser Sehnsucht nach autoritären Lösungen sind die Indonesier keineswegs allein: Indien wählte im selben Jahr Narendra Modi, dessen Vergangenheit noch umstrittener ist, zum neuen Premierminister. Ihn führte seine populistische und stark polarisierende Rhetorik an die Spitze.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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