
Bild: S. Fischer
Slavko Goldstein ist 13 Jahre alt, als sein Vater aus seiner Buchhandlung im kroatischen Städtchen Karlovac abgeholt und in ein Lager gesteckt wird, wo er gemeinsam mit allen anderen Häftlingen umkommt. Das Jahr des Geschehens, 1941, gibt dem Sohn eine unabänderliche Prägung für seinen Lebensweg. Mehr noch als die folgenden Jahre der Angst, der Gefahr, der Trennung von der Mutter und dem kleinen Bruder, wird dem Jungen – und auch noch dem jungen Mann – das Andenken an den liberalen, zionistisch empfindenden Vater zum Kompass.
In einem Buch aus dem Besitz seines verschleppten Vaters findet der Sohn einen angestrichenen Dichtervers: „Sterben wirst du, wenn du anfängst allein / An deinen Idealen zu zweifeln.“ Aber, schreibt der Sohn in seiner Biographie: „Ich habe inzwischen doppelt so lange gelebt wie mein Vater. So ist mir genug Zeit geblieben, um an meinen eigenen Idealen, aber auch an Kranjcevics Versen zu zweifeln. Das 20. Jahrhundert hat die größten Hoffnungen der Menschheit hervorgebracht, aber es hat die meisten von ihnen unter sich begraben. Es hat uns gelehrt, dass die Ideale meistens verführbare Chimären sind und dass der Zweifel keine unverzeihliche Schwäche, sondern ein notwendiges Aufbäumen gegen verhängnisvolle Überzeugungen ist.“
Der Zweifel wird Goldstein zum neuen Kompass. „1941.