
Bild: Suhrkamp Verlag
Gut ein halbes Jahrhundert liegt der Aufbruch der Studentenbewegung zurück. Im kollektiven Gedächtnis der politischen Öffentlichkeit ist er als eine Zeit tiefer gesellschaftlicher, politischer und kultureller Umbrüche vor allem in Westeuropa und den USA abgespeichert, möglicherweise auch noch als letzter reformpolitischer Aufbruch in Osteuropa mit sozialistisch-wirtschaftsdemokratischer Perspektive. Im September 1967 hielt Theodor W. Adorno auf Einladung des Sozialistischen Studentenverbandes in Wien einen Vortrag, der soeben im Vorgriff auf einen neuen Band seiner Gesammelten Schriften veröffentlicht wurde. Doch nicht die Neue Linke war Adornos Thema. Die Jahre des „großen Umbruchs“ hatten noch eine andere Signatur: den Aufbruch des „Neuen Rechtsradikalismus“. In Deutschland war es mit der NPD erstmals einer neofaschistischen Partei gelungen, in eine Reihe von Landesparlamenten einzuziehen und damit den Alleinvertretungsanspruch der Christdemokraten „rechts von der Mitte“ zu durchbrechen. Den rechten Aufbruch einzuordnen, war Adornos bis heute hoch aktuelles Thema.
Die Eckpunkte seiner Zeitdiagnose werden gleich am Anfang kurz umrissen: Mit der Restauration des Kapitalismus bestehen „die gesellschaftlichen Voraussetzungen des Faschismus nach wie vor“ fort (S. 9). Der Neue Rechtsradikalismus ist gleichwohl keine historische Wiederholungstat.