Irlands politische Landschaft erlebt derzeit ein regelrechtes Erdbeben. Stets dominierte in den knapp hundert Jahren seit der Unabhängigkeit von Großbritannien eine der beiden konservativen Parteien das politische Geschehen im Land. Jeder Ministerpräsident kam entweder aus den Reihen von Fianna Fáil (FF) oder von Fine Gael (FG). Doch das dürfte nun Geschichte sein: Bei den Parlamentswahlen vom 8. Februar konnte die linke Sinn Féin (SF) – ehemals politischer Arm der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) – überraschend deutlich die meisten Stimmen auf sich vereinen. Die beiden Platzhirsche mussten dagegen Einbußen hinnehmen und kassierten eines der schlechtesten Ergebnisse ihrer jeweiligen Geschichte.
Zugleich ist die irische Sozialdemokratie in zwei Parteien gespalten (Social Democrats und Irish Labour Party), die selbst zusammen nur auf knapp über sieben Prozent kommen. Die Grünen wiederum haben hinzugewonnen und sind zur viertstärksten Kraft aufgestiegen.[1]
Diese starke Fragmentierung des Parteiensystems erklärt sich nicht zuletzt aus dem Wahlmodus: In Irland wird per proportionalem Personenwahlverfahren gewählt, bei dem die Wähler*innen Präferenzstimmen an einzelne Kandidat*innen verteilen können und dabei pro Wahlkreis mindestens drei Mandate vergeben.